We do Media & Copyright, eCommerce & IT, Trademarks, and Data Protection for Creators, StartUps and SMEs.

  •    – Arbeitsrecht (Arbeitgeberseite, Führungskräfte, New Work)
  •    – im Bereich Regulierung (Wirtschaftsverwaltungsrecht, Vergabeverfahren, Datenschutz-Aufsichtsverfahren)
  •    – Handels- und Gesellschaftsrecht (Corporate Housekeeping, Risk Management, Gesellschafterstreit, Compliance)
  •    – Legaltech
  • und ergänzen damit unsere Schwerpunkte im
  •    – Urheberrecht einschl. Geräte- & Speichermedienangaben, §§ 54 ff. UrhG und Recht der Verwertungsgesellschaften
  •    – Marken-, Kennzeichen- & Designrecht (Anmeldung, Verwaltung, Verteidigung von int. Marken)
  •    – IT- & Internet-/Telekommunikationsrecht
  •    – Wettbewerbsrecht (insb. eCommerce, Marketing, Produkt-Compliance)
  •    – Datenschutz (DSGVO, ePrivacy; v.a. auf Unternehmensseite, insb. Krisenmanagement bei Datenlecks und Datenpannen)
  •    – Medien- und Äußerungsrechts (einschl. Reputations-Management/Webutation)
  •    – internationale Vertrags- und Wirtschaftsrecht, einschl. Lizenzverträge
  • sodass wir Ihnen künftig in allen Bereichen des Unternehmens-Wirtschaftsrechts mit Rat und Tat zur Seite zu stehen können!

Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Wirtschaftsjuristin Lisa Schumacher, LL.M. (Stockholm University) und Office-Managerin Leonore Baartz stehen Ihnen weiterhin in allen organisatorischen Fragen, bei der Anmeldung und Verwaltung von deutschen und europäischen Marken und Kennzeichen, bei Inkasso, Forderungsmanagement und Buchhaltung sowie Zwangsvollstreckung etc. zur Verfügung.   

Sitz der Partnerschaft ist Berlin, an der bekannte Adresse Vy – betahaus, Rudi-Dutschke-Straße 23, 10969 Berlin. In Koblenz besteht eine Zweigniederlassung und im betahaus Hamburg verfügen wir über Arbeits- und Meetingräume. 

Unsere (noch im Aufbau befindliche) neue Website finden Sie unter www.vy-anwalt.de.

Telefonisch erreichen Sie uns weiterhin unter der Nummer +49 30 5156599-80, per Email künftig unter folgenden Adressen:

   – RA Dr. jur. Urs Verweyen: verweyen@vy-anwalt.de 

   – RA Malte Brix: brix@vy-anwalt.de 

   – RA und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Björn-Michael Lange: lange@vy-anwalt.de 

   – Wiss. Mitarbeiterin und Wirtschaftsjuristin Lisa Schumacher: schumacher@vy-anwalt.de

   – Office-Managerin Leonore Baartz: office@vy-anwalt.de 

 

Wir freuen uns darauf, auch in diesem neuen Set-Up für Sie tätig sein zu dürfen! 

 

Wir beraten und vertreten Kreative, ihre Agenturen und Verwerter ebenso wie StartUps und kleine und mittelständische Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen im Urheber- und Verlagsrecht; im Medien-/Presse- und Äußerungsrecht; im Wettbewerbsrecht (eCommerce, Marketing, Compliance); im Internet-, IT- und Telekommunikationsrecht; im Marken-, Kennzeichen- und Designrecht; sowie zum Datenschutz (DSGVO, ePrivacy). Mit Erfahrung und Nachdruck verteidigen wir unsere Mandant_innen gegen unberechtigte Abmahnungen, Verfügungsanträge, Klagen und sonstige Angriffe von Wettbewerber_innen, Rechteinhaber_innen und Dritten sowie gegen Forderungen der ZPÜ und in- und ausländischer Verwertungsgesellschaften; erstellen und verhandeln Lizenz- und Wirtschaftsverträge; setzen Rechte des geistigen Eigentums und angemessene Vergütungen durch; unterstützen bei der Gründung und dem rechtssicheren Aufbau von Unternehmen; und begleiten unsere Mandant_innen durch Krisen. Mehrfach wurden der "absolute Profi" Rechtsanwalt Dr. Urs Verweyen und sein "extrem professionelles und sehr qualifiziertes Team" von The Legal 500JUVE und Best Lawyers dafür ausgezeichnet!

 

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Seit der "Geburtstagszug"-Entscheidung des BGH (U.v. 13.11.2013, Az. I ZR 143/12) ist Bewegung in die alte, mehrfach schon getestete Frage gekommen, ob Produkt-, Industrie- und Kommunikationsdesign – angewandte Kunst i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 4, 2. Halbsatz UrhG, die eine Gebrauchsfunktion hat – an strengeren Maßstäben zu messen ist, als Werke der sog. freien Kunst. Bisher war das gang und gäbe und führte dazu, dass z.B. dem Design von Webseiten von der (Instanz-) Rechtsprechung die notwendige Schöpfungshöhe in aller Regel abgesprochen wurde. Designs wurden also nicht als Werke i.S.d. Urheberrechts anerkannt, so dass die Designer weder aus Urheberrecht gegen Plagiate (Rechtsverletzungen durch Dritte) vorgehen konnten, noch ggü. ihrem Auftraggeber mit Hilfe der gesetzlichen Vergütungsregeln der §§ 32, 32a UrhG (Anspruch auf angemessene Vergütung und Anspruch auf eine angemessene weitere Beteiligung) eine angemessene Vergütung oder sogar eine laufende Beteiligung an den Erlösen aus der Nutzung des Designs durchsetzen konnten. Das Bundesverfassungsgericht fand diese Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (B.v. 26.1.2005, Az. 1 BvR 157/02 – Laufendes Auge). ... mehr

Nachdem sich der BGH in seiner "Seilzirkus"-Entscheidung aus 2011 (U.v. 12.05.2011, Az. I ZR 53/10) um eine Korrektur dieser Rechtsprechung noch drücken konnte, hat er mit der Geburtstagszug-Entscheidung eine glatte Kehrtwendung vollzogen und die unterschiedlichen Bewertungsmaßstäbe bei zweckfreier Kunst und Gebrauchskunst ausdrücklich aufgegeben:

"An den Urheberrechtsschutz von Werken der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG sind grundsätzlich keine anderen Anforderungen zu stellen als an den Urheberrechtsschutz von Werken der zweckfreien bildenden Kunst oder des literarischen und musikalischen Schaffens. Es genügt daher, dass sie eine Gestaltungshöhe erreichen, die es nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise rechtfertigt, von einer "künstlerischen" Leistung zu sprechen. Es ist dagegen nicht erforderlich, dass sie die Durchschnittsgestaltung deutlich überragen."

 

Dennoch: nicht alles ist Design-Werk

Daraus folgt allerdings nicht, dass nunmehr jede Designer-Leistung als Design-Werk einzuordnen ist und am Schutz und an den sonstigen Vorteilen des Urheberrechts teilnimmt; lediglich der Bewertungsmaßstab hat sich zugunsten der Designer verschoben. Aus den BGH-Entscheidungen "Seilzirkus" und "Geburtstagszug" folgt ein zweistufiges Prüfschema zur Beantwortung der Frage, ob die für den Urheberrechtsschutz erforderliche Gestaltungshöhe erreicht ist:

1.
Zunächst sind alle Funktionselemente und technisch bedingten Gestaltungsmerkmale "abzuziehen". In die Bewertung, ob eine künstlerische Leistung vorliegt, fließen diese Element nicht ein, und zwar auch dann nicht, wenn ihnen eine eigene ästhetische Wirkung innewohnt. Deswegen ist der BGH in der "Seilzirkus"-Entscheidung letztlich zu dem Ergebnis gekommen, dass der Seilzirkus – ein aus kräftigen textilen, (im Original) dunkelroten Seilen gebildetes zelt- bzw. pyramidenförmiges Klettergerüst, das wir alle von Schulhöfen und Kinderspielplätzen kennen – keinen Urheberrechtsschutz genießt, obwohl dieser Seilzirkus eine starke ästhetische Raumwirkung hat. Nach Auffassung des BGH war diese ästhetische Wirkung allein technisch bedingt und daher unbeachtlich. Der bei Gebrauchskunst immer vorgegebene Gebrauchszweck schränkt den urheberrechtlich relevanten Gestaltungsspielraum also weiterhin erheblich ein.

2.
Nach Abzug der technisch-funktionalen Vorgaben ist sodann allein der "überschießende", durch eine zusätzliche künstlerische Leistung geschaffene ästhetischen Gehalt zu bewerten. Das künstlerische Element muss dabei nicht in schmückendem Beiwerk (Zierrat oder Ornament) bestehen, sondern kann in die ihrem Zwecke gemäß gestaltete Gebrauchsform eingegangen sein, es muss aber ein freikünstlerischer ästhetischer Gehalt festzustellen sein. Für die Bewertung gilt nunmehr (nur noch) der Maßstab der sog. "kleine Münze", d.h. es bedarf nicht mehr eines "deutlichen Überragens der Durchschnittsgestaltung", sondern es reicht ein Minimum künstlerischer Eigenart

Dazu einige Beispiele aus der jüngeren Instanzrechtsprechung:

  • Das OLG Schleswig hatte erneut über den beim BGH streitgegenständlichen Geburtstagszug (eine zugförmige Holzdekoration für Kindergeburtstage mit aufsteckbaren Zahlen und Kerzen) und eine funktional und ästhetisch vergleichbare Tierkarawane zu entscheiden und kam dabei zu dem Ergebnis, dass der Zug nicht urheberechtlich geschützt ist, die Tierkarawane hingegen schon (Urt. v. 11.09.2014, Az. 6 U 74/10 – Geburtstagszug II). Hins. des Geburtstagszugs stellt das OLG Schleswig fest, dass dieser aus einem vorbestehende Holzspielzeug „Bummelzug" durch Hinzufügen von Zahlenwaggons und Kerzenhaltern sowie die Änderung der Magnetkupplung in eine Hakenverbindung abgeleitet sei; diese Änderungen seien allein dem Gebrauchszweck geschuldet und damit unbeachtlich. Im Übrigen sei zwar eine eigenschöpferische, aber insg. nur (zu) geringfügige Schöpfungsleistung festzustellen, die auch nach dem neuen, niedrigeren Bewertungsmaßstab für Gebrauchskunst keinen Urheberrechtsschutz begründe. Entscheidend fiel dabei ins Gewicht, dass für den Zug mehrere Vorbilder (ein "Bummelzug" und ein "Zahlenzug") vorhanden waren, die in ästhetischer Hinsicht nur geringfügig abgeändert worden waren. Für die Tierkarawane fehlten entsprechende Vorbilder hingegen, so dass insoweit anders zu entscheiden war.
  • Das OLG Nürnberg hatte derweil über die allgemein bekannte Fußball-Stecktabelle des Fußballmagazins kicker zu urteilen und stellte eine zwar geringe, nach den neuen Maßstäben des BGH aber ausreichende Gestaltungshöhe fest. Bei der Beurteilung, ob die erforderliche Gestaltungshöhe erreicht sei, sei zwar nur die ästhetische Wirkung der Gestaltung, die nicht dem Gebrauchszweck geschuldet sei, zu berücksichtigen und es müsse ein eigener ein Gestaltungsspielraum bestehen und vom Urheber dafür genutzt werden, seinen schöpferischen Geist in origineller Weise zum Ausdruck zu bringen. Eine ausreichende künstlerische Leistung wurde in der Anordnung der Tabellenplätze nebeneinander und in leicht schräg nach rechts unten verlaufender Linie sowie der Anordnung der Tabellen für die verschiedenen Ligen untereinander erkannt, auch wenn dies der Darstellungs-Logik des Auf­ und Absteigens der Fußballvereine und ihr Über­ bzw. Unterordnungsverhältnis entspräche. Hinzu komme die konkrete treppenförmige Anordnung der Tabellenplätze, die Farbgebung und die konkrete Abbildung eines Fußballstadions als Hintergrund.
  • Das Landgericht München und das OLG München hatte zuletzt entschieden, dass das von einem Kommunikationsdesigner gestaltete Unternehmenslogo aus einer Buchstaben- und Zahlenfolge im Graffiti-Stil eines Anbieters von Sport- und Streetware urheberrechtlichen Schutz genießt (LG München I, U.v. 6.11.2013, Az. 37 O 9869/13; bestätigt durch Beschlüsse des OLG München vom 6.6.und vom 16.7.2014, Az. 29 U 4823/13): der Designer habe die von seinem Auftraggeber vorgegebene Buchstaben- und Zahlfolge in einer neuen und eigentümlichen Art und Weise niedergelegt, bei der Gestaltung einer Buchstaben- und Zahlenfolge im Stile eines Graffiti sei nicht die einfache, klare und leicht lesbare Linienführung das Ziel; die Schrift sei vielmehr nur das Basiselement der Bildkomposition, wesentlich sei die möglichst einzigartige, innovative und vor allem ästhetische Gestaltung. (Das OLG München hat ergänzend noch darauf hingewiesen, dass es unschädlich sei, dass vom Auftraggeber detaillierte Vorgaben zur Gestaltung des Logos gemacht worden seien, denn bloße Ideen oder Anregungen, die noch nicht Gestalt angenommen haben, begründen gerade keine Mit-Urheberschaft und auch indem der Auftraggeber eine fremde Schöpfung veranlasse und finanziere, leiste er keinen schöpferischen Beitrag.)

 

Kaum verbesserter Nachahmungsschutz

Diese Urteile zeigen, dass künftig Leistungen des Produktdesigns (Tierkarawane) und des Kommunikationsdesigns (kicker-Tabelle, Unternehmenslogo) in erheblich größerem Umfang dem Urheberrecht unterstellt sein werden. Allerdings wird daraus in der Regel keine signifikante Verbesserung des Schutzes vor Plagiat und Piraterie folgen. Denn: Im Bereich der Gebrauchskunst ist der urheberrechtlich relevante Gestaltungsspielraum durch den vorgegebenen Gebrauchszweck und die oft existierenden Vorlagen/Vorbilder i.d.R. stark eingeschränkt. Auch wenn dieser Gestaltungsspielraum vom Designer voll ausgeschöpft wird, führt dies dazu, dass die (jetzt niedrigere) Hürde zum "Design-Werk" nur knapp genommen wird. Das aber heißt, dass der daraus resultierende urheberrechtliche Schutzbereich relativ eng ist, so dass Nachahmer schon durch geringe Abweichungen vom Original (genauer: von den nur-ästhetischen Elementen des Originals) einen Plagiats-Vorwurf und entsprechende urheberrechtliche Sanktionen umgehen können.

So kam es auch im Fall des OLG Nürnberg: Aufgrund der "allenfalls" geringen Gestaltungshöhe der Kicker-Stecktabelle ging das Nürnberger Gericht von einem entsprechend engen urheberrechtlichen Schutzbereich aus. Dieser sei durch die Nachahmer-Stecktabelle mit abweichender Farbgebung und Beschriftung, anderem Hintergrund und nicht stufenförmigem Verlauf der Tabellen nicht verletzt worden; damit handele es sich um eine freie Bearbeitung (§ 24 UrhG a.F.).

Nachvergütungsansprüche gegen den Auftraggeber

Allerdings können Design-Werke, auch wenn sie nur ein geringes Maß an eigenschöpferischer Leistung aufweisen, Nachvergütungsansprüche nach § 32a UrhG auslösen. D.h., dass der Designer bei einer intensiven und erfolgreichen Nutzung seines Designs über sein vertragliches Honorar hinaus weitere Vergütungsansprüche, z.B. in Form einer prozentualen Umsatzbeteiligung, gegen seine Auftraggeber haben kann (und u.U. sogar gegen andere Verwerter des Designs).

Ausgeschlossen wären solche Ansprüche nur dann, wenn es sich mit dem urheberrechtlich geschützten Design um einen Beitrag von völlig untergeordneter, "gleichsam marginaler Bedeutung" für den (Verkaufs-) Erfolg handelt. Nicht erforderlich ist hingegen, dass das Design für den

Erfolg bei der Nutzung des Designs, der bspw. auf anderen Produkteigenschaften oder geschicktem Marketing beruhen kann, ursächlich ist.

Im Fall LG München/OLG München ging es um eine deutliche und schmückende, teilweise großflächige Nutzung des Logos auf vergleichsweise geringwertigen Artikeln der Sport-Mode mit einer "ganz offensichtlichen Verkaufswirkung", und damit ersichtlich nicht um einen "nur marginalen" Beitrag zum Verkaufserfolg. Zwar sei zu berücksichtigen, dass eine Vielzahl von Gesichtspunkten wie Produktqualität, Preisgestaltung oder Werbung von Bedeutung seien. Daraus ergäbe sich im Umkehrschluss aber nicht, dass die Leistung des Grafikdesigners bei der Gestaltung des Unternehmenslogos von nur marginaler Bedeutung sei. Immerhin sei das Unternehmenslogo das Bildzeichen, mit dem sich ein Unternehmen, insbesondere im Textil- und Sportartikelbereich, in der Öffentlichkeit präsentiere. Hingegen ging das OLG Naumburg, Urt. v. 7.4.2005, Az. 10 U 7/04, für das Unternehmenslogo eines Herstellers vergleichsweise hochpreisiger Solarzellen davon aus, dass die Gewinnentwicklung des Unternehmens dadurch nicht messbar beeinflusst worden sei und verneinte im Ergebnis die Ansprüche des Designers.

Ob dem Designer aus der Nutzung des Logos durch seinen Auftraggeber urheberrechtliche Nachvergütungsansprüche aus dem sog. Fairness-Ausgleich  § 32a UrhG gegen seinen Auftraggeber zustehen, hängt schließlich davon ab, ob die Erträge und Vorteile, die das Unternehmen unter Nutzung des Designs (Logo, Produktdesign, etc.) erwirtschaftet hat, in einem auffälligen Missverhältnis zu der an den Designer gezahlten Vergütung stehen bzw. ob sich ein solches Missverhältnis im Laufe der Zeit (im Fall des LG München/OLG München über ca. 15 Jahre) eingestellt hat, vgl. §§ 32, 32a UrhG. Es ist also eine Rückschau anzustellen und zu fragen, ob das Honorar, dass ursprünglich einmal gezahlt wurde, heute, angesichts einer langjährigen und insgesamt erfolgreichen Nutzung des Designs, noch angemessen ist.

Das LG München stellt insoweit darauf ab, wie, wie umfangreich und über welchen Zeitraum das Logo genutzt wurde. Ein "überdurchschnittlicher Erfolg" und eine "lang andauernde Auswertung" sprächen für ein entsprechendes Missverhältnis. Dort war das streitgegenständlichen Logo ursprünglich nur für die Verwendung auf Basketballmützen gedacht, wurde dann aber über fast 15 Jahre auf einer breiten Palette verschiedener Produkte genutzt, die sich erfolgreich verkauften. Auch im Fall des OLG Schleswig war die Tierkarawane vor vielen Jahren gestaltet worden und seitdem durchgängig im Verkauf; sie hatte sich zu einem erheblichen „Verkaufsschlager" entwickelt.

Da der Designer oft nicht wissen wird und nicht ermitteln kann, ob die Nutzung seines Design mit entsprechende (Verkaufs-) Erfolgen verbunden ist, hat er zu genaueren Prüfung und Berechnung seiner Ansprüche bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte zunächst entsprechende Auskunftsansprüche gegen seinen Auftraggeber und ggf. gegen Dritte.

 

Fazit

Die Absenkung der urheberrechtlichen Schutzhürde für Werke des Gebrauchs- und Kommunikationsdesigns durch den BGH wird Designern bei der Abwehr und Unterbindung von Nachahmungen wenig weiterhelfen, dafür ist der für "Design-Werke" eröffnete Schutzbereich regelmäßig zu eng.

In Fällen, in denen eine langjährige und augenscheinlich wirtschaftlich erfolgreiche Nutzung eines Designs vorliegt, kann es aber lohnen zu prüfen, ob Nachvergütungsansprüche gegen den Auftraggeber gegeben sind. Diese können erheblich sein, bis hin zu einer prozentualen Umsatzbeteiligung aus jeder Nutzung des Designs oder einer Absatzbeteiligung, wie sie bspw. im Buchverlagswesen mittlerweile auch für Übersetzer üblich ist.

Dazu ist zunächst in jedem Einzelfall genau zu bewerten, ob ein Produkt- oder Kommunikationsdesign nach "Abzug" der technisch-funktionalen Vorgaben (z.B. Lesbarkeit des Unternehmensnamens bei einem Logo) und vorbestehender, den individuellen Gestaltungsspielraum einschränkender Designs, gemessen am Maßstab der "kleinen Münze" eine ausreichende Schöpfungshöhe aufweist.

Zweitens ist zu prüfen, ob es sich mit dem Design (dennoch) nur um einen völlig untergeordneten Beitrag zum (Verkaufs-) Erfolg handelt. Für ein Logo wird dies im Bereich hochwertiger Investitionsgüter (Anlagen und Maschinen) und im B2B-Bereich eher der Fall sein, als im Bereich der Textil- und Sportmode und bei anderen, eher geringwertigen Konsumgütern, bei denen Logos oft nicht nur als Herkunftshinweis, sondern auch zur Verzierung und ästhetischen Aufwertung des eigentlichen Produkts genutzt werden.

Schließlich ist zu prüfen, ob das Unternehmen unter Nutzung des Logos erfolgreich gewirtschaftet hat, so dass sich im Laufe der Zeit ein „auffälliges Missverhältnis" zwischen den erzielten Erlösen und dem Honorar, dass an den Designer gezahlt wurde, eingestellt hat.

Die Künstlersozialkasse, die mit der Durchführung des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) betraut ist, bietet selbständigen (freiberuflichen) Künstlern aus den Bereichen Musik, darstellende Kunst und bildende Kunst (einschließlich Design) sowie selbständigen Publizisten einen Schutz in der gesetzlichen Sozialversicherung (insb. Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung in einer Krankenversicherung freier Wahl), der dem Sozialversicherungsschutz angestellter Arbeitnehmer entspricht. Insb. müssen selbständige Designer etc. nur die Hälfte der jeweiligen Beiträge (einkommensabhängig) selbst bezahlen; die andere Hälfte stockt die KSK auf. Die Gelder dafür kommen vom Bund (20%) und aus der Künstlersozialabgabe (30%), die Unternehmen zu bezahlen haben, die "nicht nur gelegentlich" selbständige künstlerische, publizistische oder Designleistungen beauftragen und verwerten. ... mehr

Designer, die sich über die KSK absichern wollen, finden weitere Information dazu auf der Internetseite der KSK.

Schuldner der Künstlersozialabgabe (§§ 22 ff. KSVG) sind zunächst alle Unternehmen, die "typischerweise" künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen verwerten (sog. typische Verwerter, aufgezählt in § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 9 KSVG, z.B. Verlage (Buchverlage, Presseverlage etc.); Presseagenturen und Bilderdienste; Theater, Orchester, Chöre; Theater-, Konzert- und Gastspieldirektionen, sowie sonstige Veranstalter, z. B. Tourneeveranstalter, Künstleragenturen, Künstlermanager; Rundfunk- und Fernsehen; Hersteller von bespielten Bild- und Tonträgern; Galerien, Kunsthändler; Unternehmen der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte; Museen; Zirkus- und Varietéunternehmen; Aus- und Fortbildungseinrichtungen für künstlerische und publizistische Tätigkeiten (auch für Kinder oder Laien).
Alle sonstigen Unternehmen sind dann ebenfalls abgabepflichtig sind, wenn sie entsprechende Dienstleistungen für eigene Werbezwecke beauftragen und dadurch "nicht nur gelegentlich" Entgelte an selbständige Künstler, Designer und Publizisten etc. bezahlen (§ 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG, sog. Eigenwerbung) oder wenn sie "nicht nur gelegentlich" Werke oder Leistungen von freischaffenden Künstlern, Designern oder Publizisten für sonstige kommerzielle Zwecke ihres Unternehmens nutzen (Generalklausel, § 24 Abs. 1 Satz 1 KSVG).

Eine "nicht nur gelegentliche" Auftragserteilung in diesem Sinne lag bis zum 31.12.2014 vor, wenn entsprechende Aufträge laufend oder in regelmäßiger Wiederkehr erteilt wurden. Seit dem 1.1.2015 gilt, dass Aufträge nicht nur "gelegentlich" an selbständige Künstler, Designer und Publizisten erteilt werden, wenn die Summe der gezahlten Entgelte, abzüglich gesondert ausgewiesener Umsatzsteuern, Entgelte für Nutzungsrechte u.ä. (Lizenzen), Zahlungen an Verwertungsgesellschaften und steuerfreier Aufwandsentschädigungen, aus den in einem Kalenderjahr erteilten Aufträgen, 450 EUR übersteigt, §§ 24 Abs. 3, 25 KSVG.
Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe i.H.v. 5,2% (2016) bzw. 4,8% (2017) sind dann alle in einem Kalenderjahr an selbständige Künstler (dazu gehören nicht Zahlungen an Personenhandelsgesellschaften, z.B. OHG und KG, und an jur. Personen des öffentlichen und privaten Rechts, z.B. GmbH, UG, Vereine etc.) etc. gezahlten Entgelte, wiederum abzüglich gesondert ausgewiesener Umsatzsteuern, Entgelte für Nutzungsrechte u.ä. (Lizenzen), Zahlungen an Verwertungsgesellschaften und steuerfreier Aufwandsentschädigungen, vgl. § 25 KSVG .

Abgabepflichtige Unternehmer müssen die an selbständige Künstler, Designer und Publizisten gezahlten Entgelte fortlaufend prüffähig aufzeichnen (§ 28 KSVG) und bis zum 31. März des Folgejahres an die KSK melden (§ 27 Abs. 1 KSVG; Formular hier). Die KSK prüft dann die grundsätzliche Abgabepflicht und stellt sie ggf. in einem gesonderten Bescheid fest.

Auf Verlangen der KSK haben sie zudem "alle für die Feststellung der Abgabepflicht, der Höhe der Künstlersozialabgabe sowie der Versicherungspflicht und der Höhe der Beiträge und Beitragszuschüsse erforderlichen Tatsachen Auskunft zu geben und die Unterlagen, aus denen diese Tatsachen hervorgehen, insbesondere die in § 28 genannten Aufzeichnungen, … vorzulegen", § 29 KSVG. Eine Prüfung der Unterlagen erfolgt mittlerweile auch im Rahmen einer Betriebsprüfung durch die Deutschen Rentenversicherung.
Unternehmen, die Designleistungen beauftragen, finden weitere Informationen hier.

Bloomberg BNA – Intellectual Property Law Resource Center, Jabeen Bhatti spoke to Attorney at Law Urs Verweyen on the recent GEMA ruling of the Berlin Court of Appeals (Kammergericht) for a November 18, 2016 anaylsis of the verdict. The Berlin courtfound that music publisher do not have any copyrights or similar rights and that GEMA's distribution of copyright levies to music publishers has been illegal: ... mehr

Royalties  — Music Publishers Owe Artists Under German Copyright Ruling

By Jabeen Bhatti, Nov. 18, 2016

A Berlin court's copyright royalty ruling could have even bigger financial repercussions for the music industry than a similar verdict has had for book publishing, attorneys said (Kammergericht (Ger.), No. Az.: 24 U 96/14, decision 11/14/16).

Although the two rulings are similar, the Berlin Appellate Court's Nov. 14 ruling impacting the music industry is "on a much larger scale," Urs Verweyen, a partner in intellectual property law at KVLegal in Berlin, told Bloomberg BNA in a Nov. 18 telephone interview. "The sheer volume of money involved here is much bigger."
The Berlin appellate court (KG Berlin) ruled that GEMA, a state­authorized collecting society for the music industry with about 70,000 members, can't distribute the royalties it collects from copyright levies to music publishing houses as well as artists. Instead, the royalties must be distributed exclusively to rights holders— such as, in the case at hand, musicians, composers and lyricists. What's more, publishers are to return years of past payments.

"GEMA and music publishers will face huge claims for additional payments going back to at least 2010," Verweyen said.

The KG Berlin said in a statement that its verdict was "transferring and pushing forward" Germany's Federal Court of Justice (BGH) April 21 verdict on the distribution of copyright levies in publishing. The BGH, Germany's highest court of civil and criminal jurisdiction, said VG Wort, a collecting society for the publishing industry, was not entitled to distribute half of its copyright levies to publishing houses because the houses, unlike authors, don't hold the rights to the works.

At the time, that ruling, which upended the publishing industry's long­standing royalty collecting system, was expected to impact collecting societies' business practices outside publishing, attorneys told Bloomberg BNA. The Berlin court's decision appears to bear that out.

Court: Music Publishers Lack Copyrights

The music case arose when two musicians, Bruno Kramm and Stefan Ackermann, who were rights holders as well as GEMA members, filed suit against the collecting society, claiming that they were owed the royalties GEMA paid out to publishing houses in addition to the royalties they had already received as rights holders.
The KG Berlin ruled in the musicians' favor. GEMA, according to the BGH's ruling, is only allowed to distribute royalties to parties that had "effectively transferred" their rights to the collecting society, the court said.
If a rights holder transfers rights to GEMA in a contract, publishers can't derive any claims from the artists' copyrights because they lack ancillary copyrights, it said. In some cases, that calculus could change, such as if rights holders enter into a "concrete payment agreement" in favor of publishers or agree to relinquish part of their compensation from GEMA to publishers, the court said. But in the case at hand, no such agreements were present, nor are they typical for the industry, it said.

The court, furthermore, ordered GEMA to inform the plaintiffs about the amount of royalties it had given to publishers. It has declined to rule as of yet on whether the artists had a claim to additional royalty payments, noting that information on payment distributions was still forthcoming.

The extent and justifications of the court's decision—including its reasoning for selecting 2010 as the cut­off year for claiming back payments—will not be known until its complete verdict is released. A court spokesperson said that is likely within the next month.

The KG Berlin said GEMA could not appeal its ruling to the BGH. Also, an appeal against the denied admission is not allowed because the sum disputed doesn't reach the minimal 20,000 euro ($21,200) threshold, it said.
Ruling 'Strengthens' Musicians, Composers

As with the BGH's VG Wort ruling, attorneys said the verdict was good news for artists and rights holders. "The ruling absolutely strengthens the positions of artists and musicians," said Verweyen. "It says it is illegal, and always has been illegal, for collecting societies to pay a large part of these copyright royalties to publishers—here roughly 40 percent of levies were paid illegally to music publishers by GEMA."
While GEMA cannot appeal the ruling, it's likely that the collecting society will try to find a solution in which musicians and other artists agree to forgo a portion of these claims and hand them over to publishers.
"GEMA will probably claim musicians have a strong, very friendly relationship to their publishing houses and that there is a kind of symbiosis between the two," said Verweyen. "And that they work closely together and the one can only exist with the other—but really, in most cases it's just a contractual relationship."
And similar attempts by VG Wort to negotiate with its members have not yet resulted in a new collective arrangement, Verweyen said.
GEMA criticized the court's ruling, in a Nov. 15 statement, and said rights holders and publishers should have a share in royalty payments, "if a rights holder arranges this with his publishing house."

"We hold this decision to be false," Harald Heker, the GEMA CEO, said in a statement.

"What is more important is that authors and publishers have been in agreement for decades that both parties should benefit economically from these royalties through the granting of rights," Heker said. "If rights holders would like to reward their publishers in return for their publishing activities, then their participation in royalties is legitimate."

To contact the reporter responsible for this story, Jabeen Bhatti in Berlin at correspondents@bna.com
To contact the editor responsible for this story: Mike Wilczek at mwilczek@bna.com

Wie der offiziellen Pressemeldung des Kammergerichts und ersten Nachrichtenmeldungen (hier, hier und hier) zu entnehmen ist, hat das Kammergericht Berlin in einem von der Piratenpartei unterstützen Verfahren heute entschieden, dass die GEMA die von ihr vereinnahmten Gelder, u.a. aus der Geräte- und Speichermedienvergütung, nicht an die (heute weitgehend funktionslosen) Musikverlage ausschütten darf, sondern vollständig an die von ihr treuhänderisch vertretenen Musiker (Komponisten und Textdichter) ausschütten muss. Das Kammergericht folgt damit augenscheinlich der "Verlegeranteil"-Entscheidung des BGH zur rechtswidrigen Ausschüttungspraxis der VG Wort sowie den "Luksan"- und "Reprobel"-Entscheidungen des EuGH (s. auch hier; die Urteilsbegründung liegt noch nicht vor).
Damit kommen auf die GEMA und die rechtswidrig begünstigten Musikverlage Nachforderungen der Musikurheber in Millionenhöhe zu, denn bisher hat die GEMA – rechts- und treuwidrig – ca. 40% (sog. mechanisches Recht, als z.B. CDs) bzw. ein Drittel (Aufführungs- und Senderecht) an die Musikverlage ausgeschüttet. Vermutlich wird nun auch die GEMA eine dreijährige Verjährung behaupten (s. aber hier), weswegen Musikurheber nunmehr unverzüglich tätig werden sollten, um das Risiko der der Verjährung ihrer Nachforderungen für das Jahr 2013 mit Ablauf diese Jahres zu vermeiden!
Update: mittlerweile kann des begründete Urteil hier heruntergeladen werden
Update: einen treffenden Kommentar zu dem Urteil von Berthold Seliger findet sich bei iRights:

GEMA-Urteil: Die Künstler haben die Macht


 
 
Nachfolgend die Pressemeldung des Kammergerichts:
http://www.berlin.de/gerichte/presse/pressemitteilungen-der-ordentlichen-gerichtsbarkeit/2016/pressemitteilung.532633.php
 

Kammergericht: Teilurteil zur Ausschüttung von Nutzungsentgelten für Urheberrechte (PM 58/2016)

Pressemitteilung vom 14.11.2016
Das Kammergericht hat in einem heute verhandelten Berufungsverfahren die Rechte von Musikern/Künstlern gestärkt: Die GEMA ist danach gegenüber den klagenden Künstlern ab dem Jahr 2010 nicht berechtigt, die diesen als Urhebern zustehenden Vergütungsanteile um sogenannte Verlegeranteile zu kürzen.
Hintergrund des Rechtsstreits ist die Frage, wie Einnahmen aus Nutzungsrechten für Urheberrechte zu verteilen sind. Der 24. Senat des Kammergerichts hat in seiner Entscheidung die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. April 2016 – Verlegeranteil; BGH I ZR 198/13) auf die Ausschüttung für Nutzungen von Urheberrechten übertragen und fortgeführt. Danach dürfe die GEMA Gelder nur an diejenigen Berechtigten ausschütten, die ihre Rechte wirksam übertragen hätten. Hätten die Urheber ihre Rechte zuerst aufgrund vertraglicher Vereinbarungen auf die GEMA übertragen, so könnten die Verleger keine Ansprüche aus den Urheberrechten der Künstler ableiten. Denn den Verlegern stehe kein eigenes Leistungsschutzrecht zu. Dementsprechend könnten sie auch nicht beanspruchen, an den Einnahmen aus Nutzungsrechten beteiligt zu werden.
Etwas Anderes könne zwar gelten, wenn die Urheber zugunsten der Verleger konkrete Zahlungsanweisungen getroffen oder ihre Ansprüche auf ein Entgelt gegen die GEMA an die Verleger (zumindest teilweise) abgetreten hätten. Solche besonderen Vereinbarungen zugunsten der Verleger seien aber weder typisiert erkennbar noch in dem vorliegenden Fall der klagenden Künstler feststellbar.
Das Kammergericht hat ferner die GEMA in der heutigen Entscheidung verurteilt, den Klägern Auskunft über die entsprechenden Verlegeranteile zu erteilen und darüber Rechnung zu legen. Über die Frage, ob den Künstlern aufgrund der zu erteilenden Auskünfte auch ein Anspruch auf Zahlung von weiteren Entgelten zustehe, wurde heute noch nicht entschieden. Zunächst muss die Auskunft abgewartet werden, so dass nur ein Teilurteil verkündet wurde.
Die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen; die Beschwerde beim Bundesgerichtshof gegen die Nichtzulassung der Revision dürfte wäre mangels Erreichen der erforderlichen Beschwerdesumme nicht zulässig sein.
Kammergericht Berlin, 24. Zivilsenat, Urteil vom 14. November 2016
Aktenzeichen 24 U 96/14
Landgericht Berlin, Urteil vom 13. Mai 2014
Aktenzeichen 16 O 75/13
 

Die Iron Holdings Ltd., die angeblich ausschließliche Inhaberin bestimmter Musikaufnahmen der bekannten Musikgruppe Iron Maiden ist, lässt durch die Kanzlei Sasse & Partner (Hamburg; mittlerweile Gutsch & Schlegel) Medienhändler wg. des Vertriebs angeblicher Bootlegs (hier: Live-Aufnahmen eines Iron Maiden-Konzertes von 1992 in Reggio Emilia, Italien) abmahnen und gerichtlich auf Unterlassen des Vertriebs, Schadensersatz und Kostenersatz in Anspruch nehmen (dazu lässt sich die Kanzlei die entsprechende Ansprüche der Iron Maiden Holdings Ltd. abtreten). Wir konnten für unsere Mandantin, eine Medienhändlerin, sämtliche Ansprüche erfolgreich abwehren, die Abmahnung erweis sich als von Anfang an unberechtigt. Eine entsprechende Klage hat das AG Hamburg mit Urteil vom 12. September 2014, Az. 36a C 619/12 vollumfänglich abgewiesen. ... mehr

Die dagegen von Sassen & Partner eingelegt Berufung zum LG Hamburg, Az. 310 S 271/41 wurde nach entsprechende Hinweisen des Gerichts von der Klägerin zurückgenommen und sie wurde mit Beschluss des LG Hamburg vom 29.6.2015 des Rechtsmittels der Berufung "für verlustig erklärt".

Insb. konnte die Klägerin nicht schlüssig darlegen, dass die Iron Maiden Holding Ltd. tatsächlich Inhaberin der geltend gemachten Rechte an den streitgegenständlichen Aufnahmen ist. Schon die Übertragung der Rechte an die Iron Maiden Holding Ltd., einer Limited nach englischem Recht, und die Vertretungsverhältnisse innerhalb der Klägerin blieben unklar, ebenso die Abtretung etwaiger Ansprüche an die Klägerin RAe Sasse & Partner.
RAe Gutsch & Schlegel gehen zudem auch wegen angeblicher Bootleg-Aufnahmen der Musiker/Musikgruppen

  • Iron Maiden (Iron Holdings Ltd. u.a.)
  • Motörhead (Belle Vue Sunshine Touring Inc.)
  • Alice Cooper
  • Pink Floyd
  • David Gilmour
  • Mötley Crüe
  • aha (Chart Promotions Ltd.)
  • Genesis (Gelring Ltd.)
  • Phil Collins
  • Jimi Hendrix (Experience Hendrix)
  • Iggy Pop (James N. Osterberg)
  • Earth, Wind & Fire
  • Justin Timberlake
  • Keith Jarret
  • Al Di Meola
  • u.a.m.

Gerne stehen wir für Rückfragen zur Verfügung!

Die Belle Vue Sunshine Touring, Inc., die angeblich ausschließliche Inhaberin bestimmter Musikaufnahmen der bekannten Musikgruppe Motörhead ist, lässt durch die Kanzlei Gutsch & Schlegel, Hamburg (ehemals Sasse & Partner) Medienhändler wg. des Vertriebs angeblich nicht lizenzierter CD-Tonträger (hier: Lemmy – The Broadcast Interviews) wg. Verstoß gegen Marken- und Namensrechten an den Begriffen/Namen "Motörhead", "Lemmy", "Lemmy Kilmister" sowie aus abgeleitetem Recht wegen unberechtigten Nutzung von Bildnissen von Ian "Lemmy" Kilmister abmahnen. ... mehr

Wir haben demgegenüber Zweifel u.a. an der Rechteinhaberschaft der Belle Vue Sunshine Touring Inc. und der Passivlegitimation unsere Mandantin, einer Medienhändlerin, zum Ausdruck gebracht und die Ersatzansprüche der Belle Vue Sunshine Touring zurückgewiesen. Eine Klage wurde daraufhin nicht erhoben.
RAe Gutsch & Schlegel gehen zudem auch wegen angeblicher Bootleg-Aufnahmen der Musiker/Musikgruppen

  • Iron Maiden (Iron Holdings Ltd. u.a.)
  • Motörhead (Belle Vue Sunshine Touring Inc.)
  • Alice Cooper
  • Pink Floyd
  • David Gilmour
  • Mötley Crüe
  • aha (Chart Promotions Ltd.)
  • Genesis (Gelring Ltd.)
  • Phil Collins
  • Jimi Hendrix (Experience Hendrix)
  • Iggy Pop (James N. Osterberg)
  • Earth, Wind & Fire
  • Justin Timberlake
  • Keith Jarret
  • Al Di Meola
  • u.a.m.

Verfahren betreffend die Musikgruppen/Musiker Iron Maiden, Genesis, Phil Collins und andere konnten wir erfolgreich abwehren. Klagen der Kanzlei Gutsch & Schlegel wurden hier abgewiesen (Amts- und Landgericht Hamburg).

Es lohnt sich für Medienhändler, und andere Anbieter derartige Abmahnungen genau zu prüfen/prüfen zu lassen und keine vorschnellen Zugeständnisse zu machen. Grundsätzlich muss der Abmahnende den behaupteten Rechtsverstoß (Bootlegs, Piracy, Grau-/Parallelimport, etc.) nachweisen und dazu insb. seine Rechteinhaberschaft und Anspruchsberechtigung lückenlos (Rechtekette) nachweisen.

Auch in Bezug auf die geltend gemachte Erstattung der Rechtsanwaltskosten lohnt ein genauer Blick. Insbesondere ist die außergerichtliche Inanspruchnahme mehrerer Schädiger nach neuester Rechtsprechung u.U. gebührenrechtlich als eine Angelegenheit zu behandeln, wodurch nur ein Bruchteil der von Gutsch & Schlegl regelmäßig eingeforderten Gebühren erstattet werden müssen.

Auch der geltend gemachte Schadensersatz, u.a die Kosten für die Ermittlung der angeblichen Rechtsverletzung durch die GUMPS GmbH (Geschäftsführer RAe Gutsch und Schlegel …) wurde von den Gerichten bereits in mehreren Verfahren zurückgewiesen.

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Das LG München I hat mit Urteil vom 18.09.2008 (Az. 7 O 8506/07 — Getty Image) entschieden, dass das das deutsche Urheberrechtsgesetz grundsätzlich auch auf Lichtbildwerke und Lichtbilder englischer und amerikanischer Fotografen anzuwenden ist, diese also für ihre Werkle und Leistungen ebenso Schutz genießen, wie deutsche Fotografen. Die streitgegenständlichen Fotografien waren ohne Genehmigung auf einer deutschen Website veröffentlicht worden: ... mehr

"1. Das Urhebergesetz ist hinsichtlich der Fotografien Nrn. 1 und 3 bis 5, die von englischen Fotografen gemacht wurden, gem. § 120 II Nr. 2 UrhG anwendbar. Auch das von dem US-amerikanischen Fotografen … gemachte Foto genießt Schutz nach dem deutschen UrhG, da die USA im Jahre 1989 der RBÜ beigetreten sind (§ 121 IV UrhG, Art. 5 I, Art. 3 I RBÜ). Zu den von der RBÜ erfassten Werke gehören nach Art. 2 I Lichtbildwerke i.S. von § 2 I Nr. 5 UrhG. Inwieweit auch Lichtbilder i.S. von § 72 UrhG von der RBÜ erfasst werden (vgl. zum Streitstand Schricker/Vogel, UrhG, 3. Aufl. [2006], § 72 Rdnr. 16 m.w. Nachw.), kann dahinstehen.

Die Fotografien der englischen und des deutschen Fotografen (Nrn. 1, 3 bis 6) genießen jedenfalls den Schutz als Lichtbilder gem. § 72 I UrhG. Die Frage der Werkqualität (§ 2 I Nr. 5, II UrhG), der von professionellen Fotografen angefertigten Fotos, für die sowohl die Motivwahl als auch die Weise der Darstellung spricht – insoweit handelt es sich, wie die Kammer aus eigener Sachkunde beurteilen kann, sicher nicht um Allerweltsfotografien –, kann folglich dahingestellt bleiben. Das Foto des US-amerikanischen Fotografen … ist als Lichtbildwerk gem. § 2 I Nr. 5, II UrhG geschützt. Die Anforderungen an die Werkhöhe sind unter Berücksichtigung von Art. 6 der Schutzdauerrichtlinie vom 29. 10. 1993 (93/98/EWG) zu bestimmen. Danach kommt Lichtbildwerken dann Werkqualität zu, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, dass sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind; andere Kriterien sind für die Bestimmung der Schutzfähigkeit nicht heranzuziehen. Danach ist maßgeblich vor allem, dass das Lichtbildwerk von der Individualität des Fotografen geprägt wird (Schricker/Loewenheim, § 2 Rdnr. 179 m.w. Nachw.). Die erforderliche individuelle Betrachtungsweise ergibt sich bei dem Foto von … bereits durch die Wahl des Bildausschnitts der Computertastatur sowie der perspektivischen Darstellung, durch die die andersfarbige „control"-Taste besonders hervorgehoben wird, während die weiteren Tasten in bewusster Unschärfe „verschwimmen".

3. Die Bekl. ist als Inhaberin von ausschließlichen Nutzungsrechten an den Fotografien (§ 31 I, III UrhG) aktivlegitimiert. Diese Frage bestimmt sich nach dem Schutzlandprinzip (Art. 5 II RBÜ) auch hinsichtlich des Fotos des Fotografen … nach den Bestimmungen des deutschen Rechts. Dass der Bekl. von den jeweiligen Fotografen die ausschließlichen Nutzungsrechte übertragen wurden, ergibt sich aus den vorgelegten Bestätigungen. Da dies auch vom Kl. nicht mehr in Zweifel gezogen wird, sind hierzu keine weiteren Ausführungen veranlasst.

4. Die Nutzung der sechs streitgegenständlichen Fotografien auf der Homepage des Kl. verletzt die ausschließlichen Nutzungsrechte der Bekl. (§§ 15, 19a UrhG)."

Der EuGH hat mit Urteil vom 22. September 2016 (Rs. C‑110/15 – Microsoft Mobile u.a. ./. SIAE) in einem Verfahren mehrerer Hersteller von Mobiltelefone gegen die italienische Verwertungsgesellschaft Società italiana degli autori ed editori (SIAE) u.a. entschieden, dass ein Rückerstattungssystem für "zu viel" abgeführte Geräte- und Speichermedienabgaben, dass nicht für alle betroffenen Unternehmen gleichermaßen gesetzlich geregelt ist, sondern nur in einer Vereinbarung mit einer Verwertungsgesellschaft, nicht den Anforderungen an den gerechten Ausgleich, Art. 5 Abs. 2 lit. b) InfoSoc-RiL 2001/29 genügt. Ebenfalls genügt es nicht den Anforderungen an den gerechten Ausgleich, wenn eine solche Erstattung nur von Endkunden geltend gemacht werden kann und den Unternehmen in der Handelskette nicht zumindest die Möglichkeit einer Freistellung offen steht, EuGH, a.a.O., Rz. 46 ff.: ... mehr

"46 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die in den Ausgangsverfahren fragliche Regelung nicht in jedem Fall sicherstellen kann, dass die zur Entrichtung der Abgabe für Privatkopien verpflichteten Hersteller und Importeure, die sich in einer vergleichbaren Lage befinden können, gleich behandelt werden.

47 Zunächst ist nämlich festzustellen, dass sich diese Regelung, die, wie in Rn. 40 des vorliegenden Urteils ausgeführt, keine allgemein anwendbare Bestimmung vorsieht, die diejenigen Hersteller und Importeure von der Entrichtung der Abgabe für Privatkopien befreit, die nachweisen, dass die Geräte und Träger von anderen als natürlichen Personen zu eindeutig anderen Zwecken als der Anfertigung von Privatkopien erworben wurden, darauf beschränkt, der SIAE eine Handlungspflicht aufzuerlegen, denn diese ist nur verpflichtet, den Abschluss von Vereinbarungen mit den zur Entrichtung der Abgabe für Privatkopien Verpflichteten zu „fördern". Folglich könnten Hersteller und Importeure, die sich in einer vergleichbaren Lage befinden, unterschiedlich behandelt werden, je nachdem, ob sie eine Vereinbarung mit der SIAE geschlossen haben oder nicht.

48 Sodann ist darauf hinzuweisen, dass diese Regelung, insbesondere Art. 4 des Technischen Anhangs, keine objektiven und transparenten Kriterien vorsieht, die von den zur Entrichtung des gerechten Ausgleichs Verpflichteten oder ihren Berufsverbänden für den Abschluss solcher Vereinbarungen zu erfüllen sind, da sie als Beispiel nur die Befreiung „in den Fällen einer beruflichen Nutzung von Geräten und Trägern oder für bestimmte Geräte für Videospiele" erwähnt, wobei die gewährten Befreiungen nach dem Wortlaut im Übrigen objektiv oder subjektiv sein können.

49 Schließlich ist davon auszugehen, dass es, da der Abschluss solcher Vereinbarungen der freien Aushandlung zwischen der SIAE und den zur Zahlung des gerechten Ausgleichs Verpflichteten oder deren Berufsverbänden überlassen bleibt, selbst wenn man unterstellt, dass solche Vereinbarungen mit allen geschlossen werden, die Anspruch auf eine Befreiung von der Entrichtung der Abgabe für Privatkopien haben, keine Garantie gibt, dass die Hersteller und Importeure, die sich in einer vergleichbaren Lage befinden, gleich behandelt werden, denn die Regelungen solcher Vereinbarungen sind das Ergebnis privatrechtlicher Verhandlungen.

50 Zudem stehen die in den Rn. 47 bis 49 des vorliegenden Urteils angeführten Gesichtspunkte der Annahme entgegen, dass die in den Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung sicherstellen kann, dass das in Rn. 44 des vorliegenden Urteils angeführte Erfordernis effektiv und unter Beachtung insbesondere des Grundsatzes der Rechtssicherheit erfüllt wird.

51 Zweitens ist festzustellen, dass, wie sich aus dem Wortlaut der zweiten Vorlagefrage und aus den vor dem Gerichtshof abgegebenen Erklärungen ergibt, das Erstattungsverfahren, das von der SIAE entwickelt wurde und in ihren auf ihrer Website verfügbaren „Anweisungen" enthalten ist, vorsieht, dass nur der Endnutzer die Erstattung verlangen kann, der keine natürliche Person ist. Hersteller oder Importeure der Träger und Geräte können die Erstattung hingegen nicht verlangen.

52 Insoweit genügt die Feststellung, dass der Gerichtshof, wie der Generalanwalt in den Nrn. 58 und 59 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, in seinem Urteil vom 5. März 2015, Copydan Båndkopi (C‑463/12, EU:C:2015:144, Rn. 55), zwar entschieden hat, dass das Unionsrecht einer Regelung des gerechten Ausgleichs nicht entgegensteht, die nur zugunsten des Endnutzers der mit der Abgabe belegten Geräte oder Träger einen Anspruch auf Erstattung der Abgabe für Privatkopien vorsieht, doch hat er klargestellt, dass eine solche Regelung nur dann mit dem Unionsrecht im Einklang steht, wenn die zur Entrichtung der Abgabe Verpflichteten unter Beachtung des Unionsrechts von der Entrichtung der Abgabe befreit werden, sofern sie nachweisen, dass sie die betreffenden Geräte und Träger an andere als natürliche Personen zu eindeutig anderen Zwecken als zur Vervielfältigung zum privaten Gebrauch geliefert haben."

Mit Urteil vom heutigen Tage hat der Bundesgerichtshof BGH eine Bild-Berichterstattung der BILD-Zeitung, in der der damalige regierende Oberbürgermeister Berlins, Klaus Wowereit, bei einem privaten Restaurantbesuch in der bekannten Berliner 'Paris Bar' am Abend vor der Misstrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus von Berlin im Zusammenhang mit dem Bau des Berliner Flughafens BER gezeigt wird, als Fotografien aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG) bewertet und damit ihre Veröffentlichung ohne Einwilligung des Abgebildeten als zulässig eingestuft – anders als noch die Vorinstanzen LG Berlin und Kammergericht Berlin. Im Gesamtzusammenhang sei der durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Pressefreiheit Vorrang zu geben vor den Interessen und dem Persönlichkeitsrecht des abgebildeten Klägers:

Bundesgerichtshof, Mitteilung der Pressestelle Nr. 167/2016 vom 27.09.2016

Bundesgerichtshof gestattet Bildberichterstattung über den damaligen Regierenden Bürgermeister

Klaus Wowereit bei einem Restaurantbesuch am Vorabend einer Misstrauensabstimmung

Urteil vom 27. September 2016 – VI ZR 310/14  

Der Kläger, ehemaliger Regierender Bürgermeister der Stadt Berlin, wendet sich gegen die Veröffentlichung von drei Bildern in der Berlin-Ausgabe der von der Beklagten verlegten "BILD"-Zeitung unter der Überschrift "Vor der Misstrauensabstimmung ging´s in die Paris-Bar …". Die Bilder zeigen den Kläger beim Besuch dieses Restaurants, einem bekannten Prominenten-Treff in Berlin, ferner einen Freund, den ""Bread & Butter"-Chef", und dessen Frau am Vorabend der Misstrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus von Berlin. Diese war wegen des in die Kritik geratenen  Managements beim Bau des neuen Berliner Flughafens (BER) beantragt worden. Im Bildtext heißt es unter anderem: "Der Regierende wirkt am Vorabend der Abstimmung im Parlament ersichtlich entspannt … und genehmigt sich einen Drink in der Paris-Bar (Kantstraße)". Die Bilder sind eingeschoben in einen Artikel über die politische Vita des Klägers mit der Überschrift "Vom Partybürgermeister zum Bruchpiloten", in dem über die Amtsjahre des Klägers und seinen "Absturz in 11,5 Jahren" berichtet wird.

Das Landgericht hat der Klage auf Unterlassung der Veröffentlichung der genannten  Bilder stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auf die Revision der Beklagten hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs nunmehr die Klage abgewiesen.

Im Streitfall waren die veröffentlichten Fotos dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG) zuzuordnen und durften von der Beklagten deshalb auch ohne Einwilligung des Klägers (§ 22 KunstUrhG) verbreitet werden, da berechtigte Interessen des Abgebildeten damit nicht verletzt wurden. Das Berufungsgericht hatte bei der Beurteilung des Zeitgeschehens den Kontext der beanstandeten Bildberichterstattung nicht hinreichend berücksichtigt und deshalb rechtsfehlerhaft dem Persönlichkeitsrecht des Klägers den Vorrang vor der durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Pressefreiheit eingeräumt. Im Zusammenhang mit der Presseberichterstattung über ein bedeutendes politisches Ereignis (hier: Misstrauensabstimmung im Berliner Abgeordnetenhaus) kann die ohne Einwilligung erfolgende Veröffentlichung von Fotos, die den davon betroffenen Regierenden Bürgermeister am Vorabend  in einer für sich genommen privaten Situation zeigen, durch das Informationsinteresse der Allgemeinheit gerechtfertigt sein. Die Bilder zeigten, wie der – von ihm unbeanstandet – als "Partybürgermeister" beschriebene Kläger in der Öffentlichkeit am Vorabend des möglichen Endes seiner politischen Laufbahn mit dieser Belastung umging und zwar – wie im Kontext beschrieben – entspannt "bei einem Drink" in der Paris-Bar. Durch die beanstandete Bildberichterstattung wurden auch keine berechtigten Interessen des abgebildeten Klägers im Sinne des § 23 Abs. 2 KUG verletzt. Sie zeigte den Kläger in einer eher unverfänglichen Situation beim Abendessen in einem bekannten, von prominenten Personen besuchten Restaurant. Er konnte unter diesen Umständen – gerade am Vorabend der Misstrauensabstimmung – nicht damit rechnen, den Blicken der Öffentlichkeit und der Presse entzogen zu sein.

§ 22 Satz 1 KunstUrhG lautet:

Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.  

§ 23 Absatz 1 Nr. 1 KunstUrhG lautet:

Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden: Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte.

§ 23 Absatz 2 KunstUrhG lautet:

Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten …verletzt wird.

Vorinstanzen:  

LG Berlin – Urteil vom 27. August 2013 – 27 O 180/13

Kammergericht Berlin – Beschluss vom 7. Juli 2014 – 10 U 143/13

Der zwischen den österreichischen Künstler-Verwertungsgesellschaften (Austro Mechana) und den wichtigsten österreichischen Industrieverbänden Ende 2015 prinzipiell abgeschlossene Vergleich zur österreichischen "Speichermedienvergütung" (früher "Leerkassettenvergütung") ist Pressemeldungen zufolge nunmehr fix (Einzelheiten des Vergleichs s. hier, Tarife s. hier), trotzdem das sog. "Amazon"-Verfahren, in dem das Handelsgericht Wien und das OLG Wien sämtliche Forderungen der Austro Mechana gegen Amazon vollständig abgewiesen hatten, noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. ... mehr

In diesem Amazon-Verfahren ist noch in diesem Jahr mit einer (möglicherweise abschließenden) Entscheidung des öst. OGH zu rechnen. Sollte der öst. OGH die Vorinstanzen HG Wien und OLG Wien bestätigen und die Vorschriften des öst. Urheberrechts über die Geräte- und Speichermedienvergütung für mit dem Europarecht unvereinbar und daher für nicht anwendbar erklären (sog. Anwendungsvorrang des EU-Rechts), so würden IT-Unternehmen ("Inverkehrbringer", insb. Händler und Hersteller von Vervielfältigungsgeräten und Speichermedien), die diesem Vergleich nicht beitreten, allerdings keine Abgaben schulden und könnten erhebliche Rückforderungen gegen die Austro Mechana geltend machen (der Vergleich sieht hingegen eine Verzicht auf Rückforderungen für den "Fall des Falles" vor).

S. auch die Meldung bei heise.

Mit Urteil vom 8. September 2016 hat der EuGH seine Rechtsprechung zur Zulässigkeit des Setzens von Hyperlinks konkretisiert. Entgegen des Schlussantrags des Generalanwalts Melchior Wathelet vom 7. April 2016 stellt der EuGH bei der Frage der urheberrechtlichen Zulässigkeit neben der Frage, ob das urheberrechtlich geschützte Werk auf der anderen Website mit oder ohne Erlaubnis des Urhebers veröffentlicht wurde, maßgeblich auf die Intention des Linksetzers ab: ... mehr

Wird der Link ohne Gewinnerzielungsabsicht und ohne Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung des Werks gesetzt, liegt laut EuGH keine "öffentliche Wiedergabe" und damit auch keine urheberrechtsrelevante Handlung vor. Sobald der Linksetzer die Links jedoch mit Gewinnerzielungsabsicht bereitstellt, ist die Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung auf der anderen Website zu vermuten und eine Urheberrechtsverletzung gegeben.

Siehe auch: Pressemitteilung des EuGH vom 8. September 2016 sowie die Meldung bei Heise.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier auf der Seite des EuGH.

Mit Urteil vom 28. Juli 2016, Az. I ZR 9/15 — Auf Fett Getrimmt hat der BGH seine Rechtsprechung, dazu, unter welchen Voraussetzung die Veränderung einer Fotografie (hier: die bildtechnische "Verfettung" von Prominenten-Bildern im Internet im Rahmen eines Wettbewerbs) Voraussetzungen einer "freien Benutzung" nach § 24 Abs. 1 UrhG als Parodie. Der BGH entwickelt dabei aus Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der InfoSoc-Richtlinie 2001/29/EG einen eigenständigen unionsrechtlichen Parodie-Begriff und weicht erheblich ab von seiner bisherigen Rechtsprechung zu § 24 UrhG ab, wonach eine freie Benutzung voraussetzte, dass angesichts der Eigenart des neuen Werkes die entlehnten eigenpersönlichen Züge des geschützten älteren Werkes "verblassen" — Leitsätze:
a) Die Bestimmung des § 24 Abs. 1 UrhG ist insoweit im Lichte des Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29/EG auszulegen, als es um die urheberrechtliche Zulässigkeit von Parodien geht.
b) Maßgeblich ist der unionsrechtliche Begriff der Parodie. Die wesentlichen Merkmale der
Parodie bestehen danach darin, zum einen an ein bestehendes Werk zu erinnern, gleichzeitig aber ihm gegenüber wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen, und zum anderen einen Ausdruck von Humor oder eine Verspottung darzustellen. Der Begriff der Parodie hängt nicht von der weiteren Voraussetzung ab, dass die Parodie einen eigenen ursprünglichen Charakter hat, der nicht nur darin besteht, gegenüber dem parodierten ursprünglichen Werk wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen. Zu den Voraussetzungen einer Parodie gehört es außerdem nicht, dass sie das ursprüngliche Werk selbst betrifft (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 3. September 2014 – C-201/13, GRUR 2014, 972 Rn. 33- Deckmyn und Vrijheidsfonds/Vandersteen u.a.).
c) Die Annahme einer freien Benutzung gemäß § 24 Abs. 1 UrhG unter dem Gesichtspunkt der Parodie setzt deshalb nicht voraus, dass durch die Benutzung des fremden Werkes eine persönliche geistige Schöpfung im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG entsteht. Sie setzt ferner keine antithematische Behandlung des parodierten Werkes oder des durch das benutzte Werk dargestellten Gegenstands voraus.
d) Bei der Anwendung der Schutzschranke der Parodie in einem konkreten Fall muss einangemessener Ausgleich zwischen den Interessen und Rechten der in den Art. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG genannten Personen auf der einen und der freien Meinungsäußerung des Nutzers eines geschützten Werkes, der sich auf die Ausnahme für Parodien beruft, auf der anderen Seite gewahrt werden (im Anschluss an EuGH, GRUR 2014, 972 Rn. 34 – Deckmyn und Vrijheidsfonds/Vandersteen u.a.)
 
 

Das Hersteller luxuriöser Ledertaschen Bottega lässt Anbieter von Taschen mit einem Flechtmuster, das angebliche dem "Intrecciato"-Design ihrer "Cabat"-Taschen gleicht oder ähnelt, wegen Herkunftstäuschung, Rufausbeutung und Rufbeeinträchtigung aus Wettbewerbsrecht abmahnen und beantragt ggf. einstweilige Verfügungen bzw. erhebt Unterlassungsklagen (vertreten durch die Kanzlei bocklegal). Wir haben Zweifel an der notwendigen wettbewerbsrechtlichen Eigenart des Designs und den geltend gemachten Rechtsverletzungen und konnten in dem uns vorlegenden Fall die Kostenfolgen für unsere Mandantin erheblich reduzieren und Schadensersatzansprüche abwehren. Gerne stehen wir für Rückfragen zur Verfügung!

Der Europäische Gerichtshof hat in einem Urteil vom 28.07.2016 entschieden, dass in Online-Shops nur eine begrenzte Rechtswahl möglich ist. (Europaweit tätige Online-Händler müssten das Verbraucherschutzrecht aller EU-Mitgliedsstaaten beachten. ... mehr

Kläger war ein österreichischer Verbraucherschutzverband für Konsumenteninformation. Bei der Beklagten handelt es sich um die Online-Plattform Amazon. In dem Rechtsstreit ging es um die Wirksamkeit nachfolgender Klausel: "Es gilt luxemburgisches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts."

Der EuGH nahm in seiner Entscheidung sowohl  zu den zivilrechtlichen als auch zu datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten Stellung.

Die AGB Klausel ist laut EuGH zivilrechtlich unwirksam, da sie gegen zwingendes Verbraucherschutzrecht des Landes, in dem der Kunde seinen Sitz habe, verstoße. Nur wenn eine Regelung diesen Umstand berücksichtige, sei sie nicht zu beanstanden.

Eine Rechtswahlklausel ist somit zwar theoretisch möglich, in der Praxis hat sie gegenüber Verbrauchern aber kaum Relevanz, da in den meisten AGB von Online-Händlern kaum Klauseln enthalten sind, die nicht zwingendes Verbraucherschutzrecht berühren.
Für die Anwendung nationalen Dateschutzrechts genüge es laut EuGH nicht, dass das Unternehmen seine geschäftliche Tätigkeit auf das jeweilige Land ausrichte. Vielmehr müsse das Unternehme auch eine Niederlassung in dem jeweiligen Land unterhalten. Andernfalls gelten die datenschutzrechtlichen Bestimmungen des Landes, in dem das Unternehmen seinen Sitz habe.

Bereits 2012 hat der BGH entschieden (Urt. v. 19.07.2012, Az. I ZR 40/11), dass Rechtswahlklauseln in Verbraucherverträgen in der Regel unwirksam sind. Datenschutzrechtlich schließt sich das Urteil an das Weltimmo-Urteil (Urt. v. 01.10.2015, Az. C-230/14) des EuGH an, in dem bereits die Notwendigkeit einer Niederlassung herausgestellt wurde.

In seinem Urteil vom 03.03.2016 (Az. I ZR 140/14) hat der Bundesgerichtshof BGH entschieden, dass Marketplace-Verkäufer für Markenverstöße auf Amazon auch dann haften, wenn die Produktbeschreibung durch einen Dritten nachträglich abgeändert wurde. ... mehr

Im Leitsatz der Entscheidung führt der BGH dazu wie folgt aus:

"Händler, die auf der Internet-Verkaufsplattform Amazon-Marketplace Produkte zum Verkauf anbieten, trifft eine Überwachungs- und Prüfungspflicht auf mögliche Veränderungen der Produktbeschreibungen ihrer Angebote, die selbständig von Dritten vorgenommen werden, wenn der Plattformbetreiber derartige Angebotsänderungen zulässt."

Der BGH hat in seinem Urteil vom 03.03.2016, Az. I ZR 110/15) entschieden, dass ein Marketplace-Verkäufer auch dann für wettbewerbswidrige Amazon-Inhalte haftet, wenn es sich um vorgegebene Inhalte handelt, auf die er keinen Einfluss hat. In dem Verfahren ging es um irreführende Werbung mit falschen UVP Preisen, die ohne Kenntnis des Händlers von Amazon eingepflegt wurden. Der BGH nimmt auch in diesen Fällen eine täterschaftliche Handlung des Marketplace-Verkäufers an:
"Ein Händler, der auf einer Internet-Handelsplattform in seinem Namen ein Verkaufsangebot veröffentlichen lässt, obwohl er dessen inhaltliche Gestaltung nicht vollständig beherrscht, weil dem Plattformbetreiber die Angabe und Änderung der unverbindlichen Preisempfehlung vorbehalten ist, haftet als Täter für den infolge unzutreffender Angabe der Preisempfehlung irreführenden Inhalt seines Angebots."
Dem Argument, dass den Händlern damit Pflichten auferlegt werden, die in der Praxis nicht erfüllbar sind, begegnet der BGH mit folgenden Worten:
"Dieses Ergebnis steht nicht in Widerspruch dazu, dass einem Unternehmen, welches sich nach dem äußeren Erscheinungsbild einer Werbung als hierfür verantwortlich geriert, der Nachweis offensteht, tatsächlich nicht in der Lage gewesen zu sein, auf den Inhalt der beanstandeten Werbung Einfluss zu nehmen (…) Diese Rechtsprechung betrifft Sachverhalte, in denen das in Anspruch genommene Unternehmen gerade jeglichen Tatbeitrag in Abrede stellt.
In der vorliegenden Konstellation steht aber nicht im Streit, dass die Beklagte die Veröffentlichung des beanstandeten Uhrenangebots auf der Internetplattform selbst veranlasst hat. In diesem Fall haftet die Beklagte als Täterin für die adäquat kausal verursachte Irreführung (…).
Die Beklagte hat, indem sie dem Plattformbetreiber die Möglichkeit der Einflussnahme auf das Erscheinungsbild ihres Angebots eingeräumt hat, ohne sich ein vertragliches Entscheidungs- oder Kontrollrecht vorzubehalten, die Gewähr für die Richtigkeit der vom Plattformbetreiber vorgenommenen Angaben übernommen."
 

Heute wurde im Bundesgesetzblatt das 2. Gesetz zu Änderung de Telemediengesetzes (TMG) veröffentlicht (BGBl., Teil I, 2916, 1766) und tritt am morgigen Mittwoch in Kraft. Neu ist insb. eine Ergänzung des § 8 TMG, der regelt, dass "Diensteanbieter … für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln" i.d.R. "nicht verantwortlich" sind. Diese Haftungsprivilegierung gilt nach dem neuen § 8 Abs. 3 TMG künftig auch für Diensteanbieter … die Nutzern einen Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen", also v.a. Personen, die Dritten ihren Internetzugang über WLAN zur Verfügung stellen. ... mehr

Die Bundesregierung geht davon aus, dass die daraus folgende Enthaftung umfassend ist und die Betreiber von offenen Netzwerken künftig auch nicht als "Störer" für Rechtsverletzungen Dritter in Anspruch genommen werden können. Auswirkungen hätte das v.a. im Bereich der massenhaften Filesharing-Abmahnungen, die sich meist gegen den Inhaber eine Telefonanschlusses und Betreiber eines WLANs richten, der nicht selbst der Täter der Urheberrechtsverletzung ist. Ob das Gesetz das tatsächlich erreicht ist allerdings umstritten.

Der BGH hat mit Beschluss vom 21. Juli 2016, Az. I ZB 52/15 – Sparkassen-Rot, entschieden, dass die Farbmarke "Rot" des Sparkassenverbandes nicht zu löschen ist, vgl. Mitteilung der Pressestelle des BGH, Nr. 129/2016 vom 21.07.2016: ... mehr

Bundesgerichtshof entscheidet über den Bestand der roten Farbmarke der Sparkassen

Der unter anderem für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass die rote Farbmarke der Sparkassen nicht im Markenregister zu löschen ist.

Der Markeninhaber ist der Dachverband der Sparkassen-Finanzgruppe. Für ihn ist die am 7. Februar 2002 angemeldete und am 11. Juli 2007 eingetragene abstrakte Farbmarke "Rot" (HKS 13) als verkehrsdurchgesetztes Zeichen für die Dienstleistungen "Finanzwesen, nämlich Retail-Banking (Bankdienstleistungen für Privatkunden)" registriert.

Die Antragstellerinnen sind Unternehmen der spanischen Santander-Bankengruppe, die in Deutschland Dienstleistungen im Bereich des Privatkundengeschäfts der Banken erbringen und für ihren Marktauftritt die Farbe Rot verwenden. Sie haben beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der Farbmarke beantragt. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat die Löschungsanträge zurückgewiesen.

Auf die Beschwerde der Antragstellerinnen hat das Bundespatentgericht das Verfahren ausgesetzt und ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtet, der hierüber mit Urteil vom 19. Juni 2014 entschieden hat. Anschließend hat das Bundespatentgericht die Löschung der Farbmarke angeordnet.  

Auf die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin hat der Bundesgerichtshof den Beschluss des Bundespatentgerichts aufgehoben und die Beschwerde gegen die Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts zurückgewiesen.  

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass das absolute Schutzhindernis mangelnder Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG* vorliegt. Abstrakte Farbmarken sind im Allgemeinen nicht unterscheidungskräftig und deshalb nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht eintragungsfähig, weil der angesprochene Verkehr eine Farbe regelmäßig als dekoratives Element und nicht als Produktkennzeichen wahrnimmt. Besondere Umstände, die eine andere Beurteilung rechtfertigten, lagen nicht vor.

Das Bundespatentgericht hatte angenommen, die Farbmarke habe sich für die in Rede stehenden Dienstleistungen weder im Zeitpunkt der Anmeldung im Jahr 2002 noch der Entscheidung über den Löschungsantrag im Jahr 2015 im Verkehr im Sinne von § 8 Abs. 3 MarkenG** durchgesetzt. Diese Sichtweise hat der Bundesgerichtshof nicht gebilligt. Ausreichend für eine Verkehrsdurchsetzung von abstrakten Farbmarken ist wie bei anderen Markenformen auch, dass der überwiegende Teil des Publikums in der Farbe ein Kennzeichen für die Waren oder Dienstleistungen sieht, für die die Marke Geltung beansprucht. Der Markeninhaber und die Antragstellerinnen haben im Verfahren eine Vielzahl von Meinungsforschungsgutachten zur Frage der Verkehrsdurchsetzung vorgelegt. Diese Gutachten belegen zwar keine Verkehrsdurchsetzung der Farbmarke zum Zeitpunkt der Markenanmeldung im Jahr 2002, sie rechtfertigen jedoch die Annahme der Verkehrsdurchsetzung zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag im Jahr 2015. In einem derartigen Fall darf die Farbmarke gemäß § 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG*** nicht gelöscht werden.

Bundespatentgericht, Beschluss vom 19. März 2013 – 33 W (pat) 33/12, GRUR 2013, 844

EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 – C-217 und 218/13, GRUR 2014, 776

Bundespatentgericht, Beschluss vom 8. Juli 2015 – 25 W (pat) 13/14, GRUR 2015, 796

Karlsruhe, den 21. Juli 2016

* § 8 Abs. 2 MarkenG  

Von der Eintragung ausgeschlossen sind Marken,  

1.denen für die Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt,  

…  

** § 8 Abs. 3 MarkenG  

Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn die Marke sich vor dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung infolge ihrer Benutzung für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat.  

*** § 50 Abs. 2 MarkenG

Ist die Marke entgegen §§ 3, 7 oder 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 eingetragen worden, so kann die Eintragung nur gelöscht werden, wenn das Schutzhindernis auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Löschung besteht. …

Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 14. Juli 2016 hat der BGH im Rahmen der Verhandlung eines Rechtsstreits zwischen dem Bundesverband der Verbraucherzentralen und einer Online-Partnerbörse erkennen lassen, dass eine AGB-Klausel, die bei einem reinen Online-Dienst eine Kündigung per E-Mail ausschließt, unwirksam sei (Az. III ZR 387/15). ... mehr

Im konkreten Fall ging es um die AGB einer bekannten Partnerbörse, die einen reinen Onlinedienst betreibt, d.h. Vertragsschluss und Durchführung des Vertrages erfolgten per E-Mail oder über die Webseite der Plattform. Bei der Kündigung des kostenpflichtigen Dienstes durch den Kunden – und nur dort – wurde hingegen die Einhaltung der Schriftform verlangt, d.h. die Übersendung einer eigenhändig unterschriebenen Kündigungserklärung.

Eine Kündigung per E-Mail wurde für den Kunden explizit ausgeschlossen, während sich der Betreiber der Partnerbörse eine Kündigung per E-Mail sogar ausdrücklich vorbehielt.

Die klagende Verbraucherzentrale sah darin eine einseitige Benachteiligung des Kunden. Dieser Sicht hat sich der BGH nun angeschlossen. Diese Beurteilung des BGH entspricht im Übrigen auch der Rechtsprechung der Vorinstanzen (u.a. LG Hamburg, Urteil vom 30.04.2013 – Az. 312 O 412/12) sowie einer Entscheidung des OLG München (Urteil vom 09.10.2014, Az. 29 U 857/14),ebenfalls zu einem Online-Dating-Portal.

Diese Entscheidung hat aber nicht nur Relevanz für Partnerbörsen und Dating-Plattformen, sondern darüber hinaus auch für alle anderen Onlineplattformen, die für die Wirksamkeit bestimmter Erklärungen, z.B. der Kündigung eines Abonnements oder einer Mitgliedschaft, die Schriftform verlangen. Dies gilt insb. dann, wenn diese sonst nicht verlangt wird. Entsprechende Klauseln dürften zur Zeit allenfalls noch dann wirksam sein, wenn auch für den vorangegangenen Vertragsschluss die Schriftform verlangt wird.

Ohnehin muss, wer entsprechende Klauseln benutzt, diese nun abändern. Denn ab 1. Oktober 2016 gilt die Neuregelung des § 309 Nr. 13 BGB. Wurde bislang nur eine Bestimmung für unwirksam erklärt, die dem Verbraucher für eine Anzeige oder Erklärung (z.B. Kündigung, Mängelrüge, Rücktritt vom Vertrag) eine strengere Form als die Schriftform (vgl. § 126 BGB) oder besondere Zugangserfordernisse vorschrieb, sind dann alle Klauseln unwirksam, die eine strengere Form als die Textform (vgl. § 126b BGB), also z.B. E-Mail, Telefax, nicht unterschriebener Brief oder sonstige Kontaktmöglichkeiten auf der Webseite vorschreiben.

Spätestens ab diesem Zeitpunkt besteht beim Beibehalten von Klauseln, die für die Kündigung eines Online-Dienstes die Schriftform einfordern, die große Gefahr Ziel einer mitunter hohe Kosten verursachenden wettbewerbsrechtlichen Abmahnung zu werden.
Wir empfehlen daher die Überprüfung entsprechender Regelungen sowie ggf. die Änderung von AGB-Klauseln, die für Erklärungen der Kunden die Schriftform vorschreiben.

Für entsprechende Rückfragen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung. Sobald uns der Volltext der BGH-Entscheidung vorliegt, werden wir diesen in unserem Blog besprechen.

Mit Urteil vom 9. Juni 2016 hat der EuGH Zweifel an der Vereinbarkeit des 2011 per königlichem Dekret 1657/2012 eingeführten Geräte- und Speichermedienabgaben-System Spaniens mit Art. 5 Abs. 2 lit. b) der europäischen InfoSoc-RiL 2001/29/EG geäußert, weil nach aus den dem EuGH vorliegenden Akten nicht ersichtlich war, ob dieses System eine ausreichende Ausnahme oder ein System der Rückerstattung zugunsten von Unternehmen und jur. Personen vorsieht.
Grundsätzlich sei ein unbürokratisches und einfaches, aus dem allg. Staatshaushalt finanziertes System zur Finanzierung des "gerechten Ausgleichs", wie in Spanien, allerdings zulässig, wenn es z.B. ein effektives Rückerstattungssystem für Unternehmen und jur. Personen vorsieht (vgl. dazu bereits die Amazon-Entscheidung des EuGH und des Handelsgerichts Wien sowie OLG Wien):
"Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG … dahin auszulegen, dass er einem System des gerechten Ausgleichs für Privatkopien entgegensteht, das wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende System aus dem allgemeinen Staatshaushalt finanziert wird, so dass nicht gewährleistet werden kann, dass die Kosten des gerechten Ausgleichs von den Nutzern von Privatkopien getragen werden."
In dieser Entscheidung hat der EuGH noch einmal seine Padawan-Rechtsprechung betont, dass Unternehmen nicht mit den Privatkopie-Abgaben belastet werden dürfen, vgl. a.a.O., Rz. 30 f.:
"30 Daraus folgt, dass juristische Personen – anders als natürliche Personen, die unter den in der Richtlinie 2001/29 genannten Voraussetzungen unter die Ausnahme für Privatkopien fallen – jedenfalls von der Inanspruchnahme dieser Ausnahme ausgeschlossen sind, so dass sie nicht berechtigt sind, ohne vorherige Genehmigung der Inhaber von Rechten an den betreffenden Werken oder Schutzgegenständen Privatkopien anzufertigen.
31 Hierzu hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass es nicht mit Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29 im Einklang steht, die Abgabe für Privatkopien insbesondere auf Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Vervielfältigung anzuwenden, die von anderen als natürlichen Personen zu eindeutig anderen Zwecken als der Anfertigung von Privatkopien erworben werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Oktober 2010, Padawan, C‑467/08, EU:C:2010:620, Rn. 53, und vom 11. Juli 2013, Amazon.com International Sales u. a., C‑521/11, EU:C:2013:515, Rn. 28).

36 Aus dieser Rechtsprechung folgt, dass es beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts den Mitgliedstaaten zwar freisteht, ein System einzuführen, bei dem juristische Personen unter bestimmten Bedingungen Schuldner der Abgabe zur Finanzierung des in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 vorgesehenen gerechten Ausgleichs sind, doch dürfen sie jedenfalls nicht diejenigen sein, die diese Belastung am Ende tatsächlich tragen müssen.
37 Die dieser Rechtsprechung zugrunde liegenden Erwägungen finden in allen Fällen Anwendung, in denen ein Mitgliedstaat die Ausnahme für Privatkopien eingeführt hat, unabhängig davon, ob das von ihm geschaffene System des gerechten Ausgleichs durch eine Abgabe finanziert wird oder, wie im Ausgangsverfahren, aus seinem allgemeinen Haushalt.
Der Begriff des gerechten Ausgleichs wird nämlich nicht unter Verweis auf das nationale Recht definiert, so dass er als autonomer Begriff des Unionsrechts anzusehen und im Unionsgebiet einheitlich auszulegen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Oktober 2010, Padawan, C‑467/08, EU:C:2010:620, Rn. 31 bis 33 und 37, und vom 12. November 2015, Hewlett-Packard Belgium, C‑572/13, EU:C:2015:750, Rn. 35)."
 
Bezogen auf den konkret vorgelegten Fall merkt der EuGH noch an (a.a.O., Rz. 40):
"Im Übrigen ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten nicht, dass es im vorliegenden Fall eine Regelung gibt, aufgrund deren juristische Personen … verlangen können, dass sie von der Pflicht, zur Finanzierung des Ausgleichs beizutragen, ausgenommen werden oder dass ihnen zumindest ihr Beitrag erstattet wird (vgl. hierzu Urteile vom 11. Juli 2013, Amazon.com International Sales u. a., C‑521/11, EU:C:2013:515, Rn. 25 bis 31 und 37, und vom 5. März 2015, Copydan Båndkopi, C‑463/12, EU:C:2015:144, Rn. 45) …"

Mit Urteil vom 24.06.2016 (Az. 6 U 149/15) hat sich erneut das OLG Köln mit der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit sog. AdBlocker (konkret mit dem Adblocker AdBlock Plus des Unternehmens Eyeo GmbH; geklagt hatte die Axel Springer AG).
Demnach ist der Einsatz und das Angebot eines AdBlockers nicht wettbewerbswidrig und stellt insb. keine gezielte Behinderung i.S.v. § 7 UWG dar. Allerdings ist das teilweise entgeltliche "Whitelisting" eine aggressive Praktik im Sinne des § 4a Abs. 1 Satz 1 UWG dar und ist daher unzulässig.
Vgl. die Pressemeldung des OLG Köln:
Im Streit um die Zulässigkeit des Internet-Werbeblockers "Adblock Plus" hat die Axel Springer AG einen Teilerfolg gegen den Kölner Anbieter der Software, die Eyeo GmbH, erreicht. Mit Urteil vom heutigen Tag hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln das klageabweisende Urteil des Landgerichts Köln teilweise zu Gunsten der Klägerin abgeändert.
Die Software kann von Internetnutzern kostenfrei heruntergeladen werden. Sie verhindert, dass bestimmte Werbeinhalte auf Internetseiten angezeigt werden. Mit Hilfe von Filterregeln werden Serverpfade und Dateimerkmale von Werbeanbietern identifiziert und geblockt ("Blacklist"). Daneben besteht die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen von den Filtern in eine sog. "Whitelist" aufnehmen zu lassen. Standardmäßig ist das Programm so konfiguriert, dass es "einige nicht aufdringliche Werbung" zulässt und beim Nutzer anzeigt. Von den Unternehmen auf der "Whitelist" erhält die Beklagte – von größeren Webseitenbetreibern und Werbenetzwerkanbietern – eine Umsatzbeteiligung.
Die Klägerin hält das Programm für eine unlautere Behinderung des Wettbewerbs. Sie ist der Ansicht, dass die Beklagte ihr Geschäftsmodell durch die Ausschaltung der Werbung gezielt und mit Schädigungsabsicht behindere. Durch den Werbeblocker würden der Inhalt der Website und die Werbung voneinander getrennt, was mit dem Abreißen von Plakatwerbung vergleichbar sei. Die Werbung sichere aber die Finanzierung des Medienangebotes, was den Nutzern bekannt sei und von diesen stillschweigend gebilligt werde. Da die Beklagte durch den Abschluss von Whitelisting-Verträgen Einkommen erziele, habe sie ein Interesse an der Aufrechterhaltung von Werbung.
Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts ist der Argumentation der Klägerin teilweise gefolgt. Er hält die Blockade der Werbung als solche nicht für wettbewerbswidrig, wohl aber das von der Beklagten gewählte Bezahlmodell des "Whitelisting": Die Software sei unzulässig, wenn und soweit die Werbung nur nach vorgegebenen Kriterien und gegen Zahlung eines Entgelts nicht unterdrückt wird ("Whitelist").
Die Ausschaltung der Werbung an sich stelle keine gezielte Behinderung des Wettbewerbs dar. Die Parteien seien zwar Mitbewerber, weil sie sich in einem Wettbewerb um Zahlungen werbewilliger Unternehmer befänden. Eine Schädigungsabsicht der Beklagten könne nicht vermutet werden. Anders als beim Abreißen von Plakaten werde nicht physisch auf das Produkt des Anbieters eingewirkt. Vielmehr würden der redaktionelle Inhalt der Website und die Werbung mit getrennten Datenströmen angeliefert, die als solche unverändert blieben. Es werde lediglich im Empfangsbereich des Nutzers dafür gesorgt, dass die Datenpakete mit Werbung auf dem Rechner des Nutzers gar nicht erst angezeigt werden. Es gebe aber keinen Anspruch, dass ein Angebot nur so genutzt wird, wie es aus Sicht des Absenders wahrgenommen werden soll. Auch die Pressefreiheit gebe nicht die Befugnis, dem Nutzer unerwünschte Werbung aufzudrängen.
Die "Whitelist"-Funktion ist nach Auffassung des Senats dagegen eine unzulässige aggressive Praktik im Sinne von § 4a Abs. 1 S. 1 UWG. Die Beklagte befinde sich aufgrund der Blacklistfunktion in einer Machtposition, die nur durch das von ihr kontrollierte "Whitelisting" wieder zu beseitigen sei. Mit dieser technisch wirkenden Schranke hindere die Beklagte die Klägerin, ihre vertraglichen Rechte gegenüber den Werbepartnern auszuüben. Das Programm wirke nicht nur gegenüber den Inhalteanbietern wie der Klägerin, sondern auch gegenüber deren Werbekunden. Als "Gatekeeper" habe die Beklagte durch die Kombination aus "Blacklist" und "Whitelist" eine so starke Kontrolle über den Zugang zu Werbefinanzierungsmöglichkeiten, dass werbewillige Unternehmen in eine Blockadesituation gerieten, aus der diese sich sodann freikaufen müssten. Dass das Programm im Ergebnis einem Wunsch vieler Nutzer nach werbefreiem Surfen im Internet entgegen komme, ändere daran nichts. Im Ergebnis würde die Entscheidungsfreiheit werbewilliger Unternehmen erheblich beeinträchtigt. Jedenfalls größere Webseitenbetreiber und Werbevermittler würden zu Zahlungen herangezogen. Dass die Machtposition erheblich sei, zeige das Beispiel von großen amerikanischen Internetkonzernen, die nach unstreitigem Vortrag der Parteien beträchtliche Zahlungen für ein "Whitelisting" leisten.
Nach dem Inhalt des Urteils darf die Beklagte das Programm in Deutschland nicht mehr vertreiben oder bereits ausgelieferte Versionen pflegen, soweit bestimmte Webseiten der Klägerin betroffen sind. Das Urteil ist allerdings nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, weil es um Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung geht. Die Klägerin kann das Urteil bis zur Rechtskraft nur gegen Sicherheitsleistung eines erheblichen Betrages vorläufig vollstrecken.
Die Entscheidung ist voraussichtlich im Laufe des 25.06.2016 im anonymisierten Volltext unter www.nrwe.de im Internet abrufbar.
Landgericht Köln: Urteil vom 29.09.2015, Az. 33 O 132/14
Oberlandesgericht Köln: Urteil vom 24.06.2016, Az. 6 U 149/15
Dr. Ingo Werner
Pressedezernent

Am Mittwoch, 21. September 2016 bieten wir erneut einen Intensiv-Workshop zu den Geräte- und Speichermedien-Abgaben nach §§ 54 ff. UrhG an, der sich an Unternehmen/Unternehmer (Geschäftsleitung) und die zuständigen Mitarbeiter betroffener IT-Unternehmen richtet. Nach §§ 54 ff. UrhG müssen die Hersteller, Importeure und Händler von Geräten und Speichermedien, mit denen Kopien von urheberrechtlich geschützten Werken (Filme, Musik, Texte, Fotos und sonstige Bilder) angefertigt werden können, für jedes in Verkehr gebrachte Gerät eine Abgabe an die Verwertungsgesellschaften bzw. das Inkasso-Unternehmen ZPÜ bezahlen. Die ZPÜ hat dazu teilweise sehr erhebliche Tarife für verschiedene Gerätearten aufgestellt und veröffentlicht (z.B. für PCs, Tablets, Mobiltelefone, Unterhaltungselektronik wie MP3-Player, ext. Festplatten und NAS und Leermedien wie USB-Sticks, DVD- und CD-Rohlinge), die sie rigoros vor der Schiedsstelle UrhR und dem OLG München einklagt. ... mehr

Inhalt des Workshops

In dem Workshop werden wir die rechtlichen Hintergründe dieser Abgaben erläutern, welche Unternehmen und welche Gerätetypen davon betroffen sind, und welche Pflichten daraus folgen (z.B. Melde- und Auskunftspflichten).

Dabei werden wir die aktuellen Forderungen der Verwertungsgesellschaften (insb. neue Gesamtverträge) vorstellen und auf die jüngsten Entwicklungen in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs EuGH (insb. Urteile in Sachen "Amazon", "Nokia" und "Reprobel"), des Bundesgerichtshofs BGH (Urteil zur Verlegerbeteiligung und zur Berechnung der Abgabenhöhe) sowie der Instanzgerichte (OLG München, Schiedsstelle UrhR am DPMA) eingehen. Zudem werden wir die aktuelle Entwicklung in Österreich (Amazon-Urteile des Handelsgerichts Wien und des OLG Wien) und ihre Auswirkung auf die Rechtslage in Deutschland besprechen.

Außerdem werden wir erarbeiten, was betroffene Unternehmen und ihre Geschäftsführer/ Vorstände tun müssen und können, um auf die Forderungen der ZPÜ und der Verwertungsgesellschaften angemessen zu reagieren und Haftungsrisiken zu vermeiden bzw. zu verringern (z.B. befreiende Händlermeldungen, Bildung von Rückstellungen, strukturelle Maßnahmen).

Schließlich stellen wir das neue Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) und die zum 1. Juni 2016 neu eingeführte Pflicht zur Sicherheitsleistung durch Bürgschaft oder Hinterlegung vor und erläutern die daraus folgenden Risiken für die Unternehmen.
Soweit möglich werden wir zudem Ihre Fragen besprechen!

  • Geräte- und Speichermedienabgaben: Aktuelle Forderungen der Verwertungsgesellschaften und der ZPÜ – was können/müssen betroffene Unternehmen tun? Welche Melde- und Auskunftspflichten, Nachweispflichten und sonstigen Pflichten bestehen?
  • Europäische Entwicklung: Bedeuten die EuGH Urteile "Amazon" und "Reprobel" und die Entwicklung in Österreich ("Amazon"-Urteile des HG Wien und des OLG Wien) das "Aus" für die Geräte- und Speichermedienabgaben?
  • Aktuelle Entwicklung in Deutschland: Wie hoch sind die Abgaben (v.a. insb. BGH-Urteil im Gesamtvertragsverfahren UE zur Berechnung der Abgaben; neue Gesamtverträge PCs, Mobiltelefone und Tablets)? In welcher Höhe müssen Rückstellungen gebildet werden?
  • Das neue VGG: Was ändert sich bei Gesamtverträgen und Schiedsstellenverfahren? Was bedeute die neu eingeführte Pflicht zur Sicherheitsleistung? Wie, wann und in welcher Höhe muss ich Sicherheiten leisten?

 

Referenten

Rechtsanwalt Dr. Urs Verweyen berät und vertritt seit fast acht Jahren den Interessenverband ZItCo e.V. sowie eine Vielzahl kleinerer und mittelständischer IT-Unternehmen (Hersteller und Importeure/Händler von PC und Hardware; Importeure von Mobiltelefonen und Unterhaltungselektronik; IT-Händler, u.a.) in vielen Verfahren zu den Geräte- und Speichermedienabgaben gegen die ZPÜ und die VG Wort vor der Schiedsstelle UrhR beim DPMA, dem OLG München und dem BGH. Für den ZItCo führte er zudem Verhandlungen mit ZPÜ und Verwertungsgesellschaften zum aktuellen Gesamtvertrag PC und zum Gesamtvertrag Tablets. Im Gesetzgebungsprozess zum neuen VGG war er als Mitglied des Fachausschusses Urheberrecht der GRUR und für den ZItCo e.V. als Sachverständiger an verschiedenen Anhörungen des BMJV, im Bundestag und Fraktionsausschüssen beteiligt.

Rechtsanwältin Rebekka Kramm berät und vertritt eine Vielzahl von IT-Unternehmen gegen die Forderungen der ZPÜ und der Verwertungsgesellschaften in Verfahren vor der Schiedsstelle und dem OLG München, insb. in den Bereichen PC, Mobiltelefone und Tablets

Ort, Zeit, Kosten und Anmeldung

Der Workshop findet statt am Mittwoch, 21. September 2016 von 11:00 Uhr bis ca. 16:30 Uhr (mit Mittagspause)
bei KVLEGAL, Oranienstraße 24 (Aufgang 3), 10999 Berlin (wir empfehlen die Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder Taxi).

Kosten: 450,- EUR zzgl. Umsatzsteuer pro Person (Mitglieder des ZItCo e.V. 350,- EUR zzgl. Umsatzsteuer; Anmeldung ZItCo: www.zitco-verband.de).

Verbindliche Anmeldung und Nachfragen bitte per E-Mail an workshop@verweyen.legal.

Bitte geben Sie bei der Anmeldung an ob Sie Mitglied des ZItCo e.V. sind (Mitglied können Sie unter www.zitco-verband.de werden), den Schwerpunkt Ihres Unternehmens (Herstellung, Import, Handel; welche Gerätearten) und ob sie bereits Kontakt mit der ZPÜ hatten.

First come, first serve! Es sind maximal 12 Teilnehmer vorgesehen; ggf. werden wir einen weiteren Termin anbieten.

Bereits mit Beschluss vom 17.5.2016, der nunmehr vollständig vorliegt, hat das LG Hamburg auf Antrag des türkischen Präsidenten Erdogan dem Hörfunk- und Fernsehmoderator Jan Böhmermann untersagt, in Bezug auf Erdogan Teile des Gedichts mit dem Titel "Schmähkritik" aus der Sendung "Neo Magazin Royale" vom 31. März 2016 erneut zu äußern, s. Pressemeldung des LG Hamburg hier. Zwar sei das Gedicht Satire und vermittele ein Zerrbild von der Wirklichkeit, mit der sich Böhmermann auseinandersetze. Bestimmte Passagen des Gedichts (im Anhang.pdf zur Pressemeldung des LG Hamburg rot ausgeführt) überschreiten nach Ansicht des Gedichts aber dennoch die Grenzen der Kunst- und Meinungsfreiheit. S. auch die Besprechung auf FAZ.net.

Das LG Berlin hat mit Urteil vom 19. Februar 2016 die Kartellrechtsklage aus dem neuen leistungsschutzrecht der Persseverleger (LSR, § 87f UrhG von 41 Presseverlagen gegen Google abgewiesen (LG Berlin, U.v. 19.02.2016, Az. 92 O 5/14 kart; nicht rechtskräftig) – dazu die Pressemitteilung vom 19.02.2016 des LG Berlin: ... mehr

"Die Kammer für Handelssachen 92 des Landgerichts Berlin hat heute die Klage von 41 Presseverlagen gegen den Online-Suchmaschinenbetreiber Google Inc. abgewiesen. Ziel der Klage war es, Google daran zu hindern, Textanrisse (sog. snippets) und Vorschaubilder der Webseiten der Klägerinnen bei Suchergebnissen nur unter bestimmten Voraussetzungen zu zeigen.

Hintergrund des Rechtsstreits ist das seit August 2013 geltende Leistungsschutzrecht, das Verlagen das Recht einräumt, eine Nutzung ihrer Presseerzeugnisse ohne Zahlung eines entsprechenden Leistungsentgelts zu verbieten. Es ist nicht auszuschließen, dass die Anzeige der vorgenannten snippets bei Ergebnissen einer Online-Suche nach dem neuen Gesetz auf Verlangen der Presseverlage entgeltpflichtig sein könnte. Google schrieb daraufhin verschiedene Verlage, darunter auch die 41 Klägerinnen, an und bat darum, schriftlich in die kostenlose Nutzung dieser snippets einzuwilligen. Anderenfalls komme in Betracht, dass zukünftig Suchergebnisse, die Presserzeugnisse der Klägerinnen beträfen, nur noch ohne Text- und Bildwiedergabe, also lediglich mit dem Link und dem Pfad, angezeigt würden.

Der Versuch der Klägerinnen, mit ihrer Klage Google an diesem Verhalten zu hindern, blieb in erster Instanz vor dem Landgericht Berlin erfolglos. Die Kammer führte in der heutigen mündlichen Verhandlung aus, dass ein solcher kartellrechtlicher Anspruch nicht bestehe. Bei den Suchmaschinenbietern dürfte es sich zwar um einen Markt im kartellrechtlichen Sinn handeln. Auch wenn nach bisherigem Verständnis der Rechtsprechung ein Markt nur dann angenommen werde, wenn Kosten aufzuwenden seien und hier kostenlose Dienste in Anspruch genommen würden, müsse das Modell im weitesten Sinne betrachtet werden. Indem die Nutzer für die Leistungen ihre Daten preisgeben würden, könnte es gerechtfertigt sein, von einem Markt auszugehen.

Bei Google dürfte es sich auch unzweifelhaft um ein marktbeherrschendes Unternehmen handeln. Jedoch liege eine diskriminierende Ungleichbehandlung nicht vor, auch wenn Google nicht allen Verlagen angekündigt habe, die snippets und Vorschaubilder zu deren Webseiten bei Suchergebnissen nicht mehr dazustellen. Ebenso wenig sei ein Preishöhenmissbrauch festzustellen.

Durch das Modell der Suchmaschine entstehe eine sog. „win-win-Situation", da jeder davon profitiere: Google durch die generierten Werbeeinnahmen, die Nutzer durch die Hilfe bei der Suche nach bestimmten Informationen und die Presseverlage durch die ihrerseits erhöhten Werbeeinnahmen, wenn die Verlagsseiten aufgerufen würden. Dieses Konzept würde aus dem Gleichgewicht gebracht, wenn Google für das Recht zur Wiedergabe von snippets und Vorschaubildern in den Suchergebnissen, die auf Internetseiten der Verlage hinweisen, ein Entgelt zu entrichten hätte. Das Begehren von Google, entweder auf der weiterhin kostenlosen Nutzung zu bestehen oder aber auf die Wiedergabe von snippets und Vorschaubildern bei den Verlagsseiten der Klägerinnen zu verzichten, ist nach Ansicht der Kammer deshalb nicht missbräuchlich.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Dagegen ist Berufung zum Kammergericht möglich. Die Frist zur Einlegung der Berufung beträgt einen Monat ab Zustellung der Urteilsgründe.

Landgericht Berlin, Urteil vom 19. Februar 2016, Aktenzeichen 92 O 5/14 kart"

UPDATE 28.6.2016: wie heise berichtet, haben verschiedene Verlagsgruppen Berufung gegen das Urteil der Kartellkammer des LG Berlin bei dem Kammergericht Berlin eingelegt.

Bloomberg BNA – Intellectual Property law Resource Center, Jabeen Bhatti spoke to Attorney at Law Urs Verweyen on the recent "Kraftwerk" ruling of the German Constitutional Court for a June 3, 2016 anaylsis of the verdict, which found that sampling is one of the defining elements of hiphop music: ... mehr

Copyrights/Music Works – German Supreme Court Overruled in Kraftwerk Copyright Case
By Jabeen Bhatti, June 3, 2016

In a decision expected to impact Germany's strict copyright laws, the country's supreme constitutional court overturned a supreme court ruling in a dispute over a twosecond sample of a recording by German electronic band Kraftwerk (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) (Federal Constitutional Court), Az.: 1 BvR 1585/13, ruling, May 31).

Germany's Federal Constitutional Court ruled May 31 that sampling a piece of an artist's music for use in another work was justified as an act of artistic and creative freedom.

Attorneys said the ruling is important.

"The most interesting point of this verdict is that the strict copyright regime we have in Germany, with no kind of fair use exemption as a general clause, or a general limitation on IP rights—this is going to change quite a bit through this verdict," Urs Verweyen, a partner specializing in intellectual property law at KVLegal in Berlin, told Bloomberg BNA in a June 3 telephone interview.

The case arose more than 10 years ago when members of the electronic band Kraftwerk sued German music producer Moses Pelham for sampling a two­second snippet of their 1977 song "Metall auf Metall."

The band claimed that Pelham's use of the two­second sequence in the song "Nur mir" he produced for German singer Sabrina Setlur in 1997 was unauthorized and a violation of their rights as recording artists.

Germany's Federal Court of Justice (Bundesgerichtshof or BGH), the country's highest court for civil and criminal jurisdiction, sided with Kraftwerk in a Dec. 12, 2012, ruling. It found it was illegal for musicians to sample other artists' work in their own work "if it is possible for the average music producer to create an equivalent audio recording on their own" and declared the sampling a violation of copyright law.

But the constitutional court, which is the only court that can reverse the BGH, argued that copyright holders' commercial interests had to give way to artistic freedoms if the commercial interests of the original copyright holder were "only minimally impacted" as a result.

In a statement, the court criticized the BGH's position for "not sufficiently taking artistic freedom into account." Recreating sounds was not an equivalent substitute for sampling, which is "one of the defining elements of hiphop," it said.

Decision Opens Door to More Copyright Exemptions

Some say the decision is interesting because of the restrictive nature of copyright laws in Germany.

"Germany has very strict copyright laws in favor of copyright holders with only a limited list of exemptions on the copyright, like for private use," Verweyen said. "But this is a strictly limited list, and if a certain use does not fall under one of those exemptions, you have a copyright infringement and copyright holders can go for damages; this is how the BGH has always ruled over the past few decades."

But the constitutional court said other factors need to be taken into account, he added.

"What the Constitutional Court says here is that we cannot stop at that list," Verweyen said. "We need to consider things like freedom of art, for example."

Attorneys said the constitutional court's reasoning comes very close to that of U.S. copyright law's fair use doctrine.

Rather than having a list of specific exemptions for copyright infringements as in Germany, U.S. copyright law permits fair use of copyright protected materials as long as no commercial harm is done to the copyright holders.

"This is what the constitutional court has done here as well," Verweyen said. "Basically, it says that if you use a very small snippet of music in another work of art or a music, that does not really harm the original copyright holder. Therefore, it must be allowed under freedom of art and other constitutional rights. It's a discussion that is very close to the fair use doctrine, and it's probably the most significant aspect of this verdict."

Court to Look at Commercial Impact

As a next step, the supreme court will have to examine the verdict again and apply the factors laid out by the constitutional court.

"The supreme court will now have to determine whether the specific use of this two­second music sample in this other piece of music violates or harms the commercial interests of the producers of the original work of art," Verweyen added. "It will be interesting to see what the lower instance courts make of this verdict and how it develops. It's a bit too early to tell at the moment."

By Jabeen Bhatti
To contact the reporter on this story: Jabeen Bhatti in Berlin at correspondents@bna.com
To contact the editor responsible for this story: Mike Wilczek in Washington at mwilczek@bna.com

In Ausgabe Nr. 24/2016 des Bundesgesetzblattes I vom 24. Mai 2016 , S. 1190 ff., wurde soeben das "Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/26/EU über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt sowie zur Änderung des Verfahrens betreffend die Geräte- und Speichermedienvergütung (VG-Richtlinie-Umsetzungsgesetz). Damit tritt das umstrittene Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) am 1. Juni 2016 in Kraft und ersetzt das Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (Urheberrechtswahrnehmungsgesetz) vom 9. September 2015 und die Urheberrechtsschiedsstellenverordnung vom 20. Dezember 1985, die zeitgleich außer Kraft treten.
Die heftig umstrittenen Regelungen zur Sicherheitsleistung, § 107 VGG, können nach § 139 Abs. 1 VGG auf alle Verfahren vor der Schiedsstelle UrhR angewendet werden, die ab dem 2. Juni 2016 eingeleitet werden, unabhängig davon, um welche Geräte und Speichermedien und um welche Zeiträume es jeweils geht.

Mit Urteil vom 31. Mai 2016, Az. 1 BvR 1585/13 – Metall auf Metall hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass Sampling als "stilprägendes Element" des Hip-Hop durch die Kunstfreiheit (Art. 5 GG) geschützt und daher grundsätzlich zulässig ist.  ... mehr

Pressemitteilung des BVerfG Nr. 29/2016 vom 31. Mai 2016:

Die Verwendung von Samples zur künstlerischen Gestaltung kann einen Eingriff in Urheber- und Leistungsschutzrechte rechtfertigen

Urteil vom 31. Mai 2016 – 1 BvR 1585/13

Steht der künstlerischen Entfaltungsfreiheit ein Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht gegenüber, der die Verwertungsmöglichkeiten nur geringfügig beschränkt, können die Verwertungsinteressen des Tonträgerherstellers zugunsten der Freiheit der künstlerischen Auseinandersetzung zurückzutreten haben. Dies hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit heute verkündetem Urteil entschieden. Er hat damit einer Verfassungsbeschwerde stattgegeben, die sich gegen die fachgerichtliche Feststellung wendete, dass die Übernahme einer zweisekündigen Rhythmussequenz aus der Tonspur des Musikstücks „Metall auf Metall" der Band „Kraftwerk" in den Titel „Nur mir" im Wege des sogenannten Sampling einen Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht darstelle, der nicht durch das Recht auf freie Benutzung (§ 24 Abs. 1 UrhG) gerechtfertigt sei. Das vom Bundesgerichtshof für die Anwendbarkeit des § 24 Abs. 1 UrhG auf Eingriffe in das Tonträgerherstellerrecht eingeführte zusätzliche Kriterium der fehlenden gleichwertigen Nachspielbarkeit der übernommenen Sequenz ist nicht geeignet, einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen dem Interesse an einer ungehinderten künstlerischen Fortentwicklung und den Eigentumsinteressen der Tonträgerproduzenten herzustellen.

Sachverhalt:
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, inwieweit sich Musikschaffende bei der Übernahme von Ausschnitten aus fremden Tonträgern im Wege des sogenannten Sampling gegenüber leistungsschutzrechtlichen Ansprüchen der Tonträgerhersteller auf die Kunstfreiheit berufen können.
Auf die Pressemitteilung Nr. 77/2015 vom 28. Oktober 2015 wird ergänzend verwiesen.

Wesentliche Erwägungen des Senats:

Die angegriffenen Entscheidungen verletzen drei der insgesamt zwölf Beschwerdeführer in ihrer Freiheit der künstlerischen Betätigung (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG).

1. Die den angegriffenen Urteilen zugrunde gelegten gesetzlichen Vorschriften über das Tonträgerherstellerrecht (§ 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG) und das Recht auf freie Benutzung (§ 24 Abs. 1 UrhG) sind mit der Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG und dem Eigentumsschutz aus Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar. Sie geben den mit ihrer Auslegung und Anwendung betrauten Gerichten hinreichende Spielräume, um zu einer der Verfassung entsprechenden Zuordnung der künstlerischen Betätigungsfreiheit einerseits und des eigentumsrechtlichen Schutzes des Tonträgerherstellers andererseits zu gelangen. Die grundsätzliche Anerkennung eines Leistungsschutzrechts zugunsten des Tonträgerherstellers, das den Schutz seiner wirtschaftlichen, organisatorischen und technischen Leistung zum Gegenstand hat, ist auch mit Blick auf die Beschränkung der künstlerischen Betätigungsfreiheit verfassungsrechtlich unbedenklich. Umgekehrt führt allein die Möglichkeit von Künstlerinnen und Künstlern, sich unter näher bestimmten Umständen auf ein Recht auf freie Benutzung von Tonträgern zu berufen, nicht schon grundsätzlich zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung des durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Kerns des Tonträgerherstellerrechts.

Mit den Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar ist auch, dass § 24 Abs. 1 UrhG durch den Verzicht auf eine entsprechende Vergütungsregelung auch das Verwertungsrecht der Urheber oder Tonträgerhersteller beschränkt. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die enge Ausnahmeregelung nicht durch eine Vergütungspflicht zu ergänzen, die den Urheber oder Tonträgerhersteller an den Einnahmen teilhaben ließe, die im Rahmen der freien Benutzung seines Werks oder Tonträgers erst in Verbindung mit der schöpferischen Leistung eines anderen entstehen könnten, hält sich in den Grenzen des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums. Dem Gesetzgeber wäre es allerdings zur Stärkung der Verwertungsinteressen nicht von vornherein verwehrt, das Recht auf freie Benutzung mit einer Pflicht zur Zahlung einer angemessenen Vergütung zu verknüpfen. Hierbei könnte er der Kunstfreiheit beispielsweise durch nachlaufende, an den kommerziellen Erfolg eines neuen Werks anknüpfende Vergütungspflichten Rechnung tragen.

2. Dagegen verletzen die angegriffenen Entscheidungen die beiden Komponisten und die Musikproduktionsgesellschaft des Titels „Nur mir" in ihrer durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG garantierten Freiheit der künstlerischen Betätigung.

a) Die Zivilgerichte haben bei der Auslegung und Anwendung des Urheberrechts die im Gesetz zum Ausdruck kommende Interessenabwägung zwischen dem Eigentumsschutz der Tonträgerhersteller und den damit konkurrierenden Grundrechtspositionen nachzuvollziehen und dabei unverhältnismäßige Grundrechtsbeschränkungen zu vermeiden. Die Schwelle eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht, den das Bundesverfassungsgericht zu korrigieren hat, ist erst dann erreicht, wenn die Auslegung der Zivilgerichte Fehler erkennen lässt, die auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind.

b) Bei der rechtlichen Bewertung der Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken steht dem Interesse der Urheberrechtsinhaber, die Ausbeutung ihrer Werke zu fremden kommerziellen Zwecken ohne Genehmigung zu verhindern, das durch die Kunstfreiheit geschützte Interesse anderer Künstler gegenüber, ohne finanzielle Risiken oder inhaltliche Beschränkungen in einen Schaffensprozess im künstlerischen Dialog mit vorhandenen Werken treten zu können. Steht der künstlerischen Entfaltungsfreiheit ein Eingriff in die Urheberrechte gegenüber, der die Verwertungsmöglichkeiten nur geringfügig beschränkt, so können die Verwertungsinteressen der Urheberrechtsinhaber zugunsten der Freiheit der künstlerischen Auseinandersetzung zurückzutreten haben. Diese Grund­sätze gelten auch für die Nutzung von nach § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG geschützten Tonträgern zu künstlerischen Zwecken.

c) Die Annahme des Bundesgerichtshofs, die Übernahme selbst kleinster Tonsequenzen stelle einen unzulässigen Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht der Kläger dar, soweit der übernommene Ausschnitt gleichwertig nachspielbar sei, trägt der Kunstfreiheit nicht hinreichend Rechnung. Wenn der Musikschaffende, der unter Einsatz von Samples ein neues Werk schaffen will, nicht völlig auf die Einbeziehung des Sample in das neue Musikstück verzichten will, stellt ihn die enge Auslegung der freien Benutzung durch den Bundesgerichtshof vor die Alternative, sich entweder um eine Samplelizenzierung durch den Tonträgerhersteller zu bemühen oder das Sample selbst nachzuspielen. In beiden Fällen würden jedoch die künstlerische Betätigungsfreiheit und damit auch die kulturelle Fortentwicklung eingeschränkt.
Der Verweis auf die Lizenzierungsmöglichkeit bietet keinen gleichwertigen Schutz der künstlerischen Betätigungsfreiheit: Auf die Einräumung einer Lizenz zur Übernahme des Sample besteht kein Anspruch; sie kann von dem Tonträgerhersteller aufgrund seines Verfügungsrechts ohne Angabe von Gründen und ungeachtet der Bereitschaft zur Zahlung eines Entgelts für die Lizenzierung verweigert werden. Für die Übernahme kann der Tonträgerhersteller die Zahlung einer Lizenzgebühr verlangen, deren Höhe er frei festsetzen kann. Besonders schwierig gestaltet sich der Prozess der Rechteeinräumung bei Werken, die viele verschiedene Samples benutzen und diese collagenartig zusammenstellen. Die Existenz von Sampledatenbanken sowie von Dienstleistern, die Musikschaffende beim Sampleclearing unterstützen, beseitigen diese Schwierigkeiten nur teilweise und unzureichend.

Das eigene Nachspielen von Klängen stellt ebenfalls keinen gleichwertigen Ersatz dar. Der Einsatz von Samples ist eines der stilprägenden Elemente des Hip-Hop. Die erforderliche kunstspezifische Betrachtung verlangt, diese genrespezifischen Aspekte nicht unberücksichtigt zu lassen. Hinzu kommt, dass sich das eigene Nachspielen eines Sample als sehr aufwendig gestalten kann und die Beurteilung der gleichwertigen Nachspielbarkeit für die Kunstschaffenden zu erheblicher Unsicherheit führt.

d) Diesen Beschränkungen der künstlerischen Betätigungsfreiheit steht hier bei einer erlaubnisfreien Zulässigkeit des Sampling nur ein geringfügiger Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht der Kläger ohne erhebliche wirtschaftliche Nachteile gegenüber. Eine Gefahr von Absatzrückgängen für die Kläger des Ausgangsverfahrens durch die Übernahme der Sequenz in die beiden streitgegenständlichen Versionen des Titels „Nur mir" ist nicht ersichtlich. Eine solche Gefahr könnte im Einzelfall allenfalls dann entstehen, wenn das neu geschaffene Werk eine so große Nähe zu dem Tonträger mit der Originalsequenz aufwiese, dass realistischerweise davon auszugehen wäre, dass das neue Werk mit dem ursprünglichen Tonträger in Konkurrenz treten werde. Dabei sind der künstlerische und zeitliche Abstand zum Ursprungswerk, die Signifikanz der entlehnten Sequenz, die wirtschaftliche Bedeutung des Schadens für den Urheber des Ausgangswerks sowie dessen Bekanntheit einzubeziehen. Allein der Umstand, dass § 24 Abs. 1 UrhG dem Tonträgerhersteller die Möglichkeit einer Lizenzeinnahme nimmt, bewirkt ebenfalls nicht ohne weiteres – und insbesondere nicht im vorliegenden Fall – einen erheblichen wirtschaftlichen Nachteil des Tonträgerherstellers. Der Schutz kleiner und kleinster Teile durch ein Leistungsschutzrecht, das im Zeitablauf die Nutzung des kulturellen Bestandes weiter erschweren oder unmöglich machen könnte, ist jedenfalls von Verfassungs wegen nicht geboten.

e) Insoweit haben die Verwertungsinteressen der Tonträgerhersteller in der Abwägung mit den Nutzungsinteressen für eine künstlerische Betätigung zurückzutreten. Das vom Bundesgerichtshof für die Anwendbarkeit des § 24 Abs. 1 UrhG auf Eingriffe in das Tonträgerherstellerrecht eingeführte zusätzliche Kriterium der fehlenden gleichwertigen Nachspielbarkeit der übernommenen Sequenz ist nicht geeignet, einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen dem Interesse an einer ungehinderten künstlerischen Fortentwicklung und den Eigentumsinteressen der Tonträgerproduzenten herzustellen.

3. Der Bundesgerichtshof kann bei der erneuten Entscheidung die hinreichende Berücksichtigung der Kunstfreiheit im Rahmen einer entsprechenden Anwendung von § 24 Abs. 1 UrhG sicherstellen. Hierauf ist er aber nicht beschränkt. Eine verfassungskonforme Rechtsanwendung, die hier und in vergleichbaren Konstellationen eine Nutzung von Tonaufnahmen zu Zwecken des Sampling ohne vorherige Lizenzierung erlaubt, könnte beispielsweise auch durch eine einschränkende Auslegung von § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG erreicht werden. Soweit Nutzungshandlungen ab dem 22. Dezember 2002, auf welche die Urheberrechtsrichtlinie der Europäischen Union anwendbar ist, betroffen sind, hat der Bundesgerichtshof als zuständiges Fachgericht zunächst zu prüfen, inwieweit durch vorrangiges Unionsrecht noch Spielraum für die Anwendung des deutschen Rechts bleibt. Erweist sich das europäische Richtlinienrecht als abschließend, ist der Bundesgerichtshof verpflichtet, effektiven Grundrechtsschutz zu gewährleisten, indem er die Richtlinienbestimmungen mit den europäischen Grundrechten konform auslegt und bei Zweifeln über die Auslegung oder Gültigkeit der Urheberrechtsrichtlinie das Verfahren dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV vorlegt. Das Bundesverfassungsgericht überprüft, ob das Fachgericht drohende Grundrechtsverletzungen auf diese Weise abgewehrt hat und ob der unabdingbare grundrechtliche Mindeststandard des Grundgesetzes gewahrt ist.

Im Urteil vom 20.4.2016, Az. 1 HK O 1019/16, hat das LG Traunstein eine Wettbewerbsverstoß bei einer fehlenden Verlinkung auf die EU-Online-Streitschlichtungs-Plattform in einem Online-Shop verneint, solange es diese Plattform (in Deutschland) noch nicht gab. Zwar handele es sich mit dem Link nach Art. 14 Abs. 1 ODR-VO um eine für die Verbraucher wesentliche Information i.S.d. Wettbewerbsrechts, § 5a Abs. 4 und Abs. 2 UWG, so dass es auch keiner besonderen "Spürbarkeit der Beeinträchtigung" brauche, um eine Wettbewerbsverstoß zu bejahen; die Information über die Möglichkeit einer Streitschlichtung sei auch notwendig, damit der Verbraucher eine informierte geschäftliche Entscheidung treffen könne, § 5a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UWG. Aber: solange es in Deutschland noch gar keine Streitbeilegungsstelle gebe, können ein Verbraucher die Möglichkeit einer außergerichtlichen Streitbeilegung nicht in seine geschäftliche Entscheidung einbeziehen. Deswegen sah das LG Traunstein kein "Verheimlichen" i.S.d. § 5a Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UWG und letztlich (doch) keinen Wettbewerbsverstoß. ... mehr

Seit 1. April 2016 existiert auch in Deutschland eine Verbraucher-Streitschlichtungsstelle. Spätestens seit dem ist ein entsprechender Link unumgänglich. Online-Shops, die nicht auf die EU-Online-Streitschlichtungs-Plattform hinweisen, können dann abgemahnt werden.

Mit Urteil vom 19.11.2015 (Az. I ZR 151/13 – Gesamtvertrag Unterhaltungselektronik) hat der BGH die Entscheidung des OLG München im Gesamtvertragsverfahren betreffend Geräte der Unterhaltungselektronik u.a. wegen fehlerhafter Ermessensausübung hinsichtlich sämtlicher Bestimmungen des Gesamtvertrags aufgehoben und das Verfahren an das OLG München zurückverweisen – Leitsätze:
a) Die Höhe der nach § 54 Abs. 1, § 54b Abs. 1 UrhG geschuldeten Gerätevergütung entspricht der Höhe des Schadens, den Urheber und Leistungs- schutzberechtigte dadurch erleiden, dass das jeweilige Gerät als Typ ohne ihre Erlaubnis tatsächlich für nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG zulässige Vervielfältigungen genutzt wird. Zum Ausgleich dieses Schadens ist grundsätzlich die angemessene Vergütung zu zahlen, die die Nutzer hätten entrichten müssen, wenn sie die Erlaubnis für die Vervielfältigungen eingeholt hätten.
b) Das Vervielfältigen eines Werkes nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG durch Herunterladen aus dem Internet ist grundsätzlich auch dann nach §§ 54 bis 54b UrhG vergütungspflichtig, wenn der Rechtsinhaber seine Zustimmung zum Herunterladen erteilt hat. Hat der Rechtsinhaber für die Erteilung seiner Zustimmung eine Vergütung erhalten, ist der Anspruch auf Zahlung einer Gerätevergütung allerdings erloschen. Soweit von einem mit Zustimmung des Rechteinhabers durch Herunterladen aus dem Internet angefertigten Vervielfältigungsstück eines Werkes weitere Vervielfältigungsstücke nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG hergestellt werden, sind diese Vervielfältigungen nach § 54 Abs. 1, § 54b Abs. 1 UrhG vergütungspflichtig.
c) Das Vervielfältigen von Original-Audio-CDs oder Original-Film-DVDs nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG ist grundsätzlich auch dann nach §§ 54 bis 54b UrhG vergütungspflichtig, wenn die Datenträger mit einem (unwirksamen) Kopierschutz versehen sind.
d) Die Vergütung steht nicht in einem wirtschaftlich angemessenen Verhältnis zum Preisniveau des Geräts und beeinträchtigt die Hersteller von Geräten und Speichermedien unzumutbar im Sinne von § 54a Abs. 4 UrhG, wenn mögliche Nutzer derartige Geräte oder Speichermedien in erheblichem Um- fang nicht im Inland, sondern im Ausland erwerben, weil sie dort zu einem geringeren Preis angeboten werden, und wenn dieser geringere Preis darauf beruht, dass im Ausland keine oder eine geringere Gerätevergütung als im Inland erhoben wird.
e) Zur Bestimmung des Preisniveaus des Geräts im Sinne von § 54a Abs. 4 UrhG ist auf den Endverkaufspreis des Gerätes einschließlich der Umsatzsteuer und der Gerätevergütung abzustellen.
f) Das Ermessen des Oberlandesgerichts bei der Festsetzung des Inhalts eines Gesamtvertrags (§ 16 Abs. 4 Satz 3 UrhWG) ist durch die Parteianträge begrenzt.

Mit Urteil vom 11.02.2016 (Az. 4 U 40/15) hat das OLG Hamm einem Fotografen und freien Bild-Journalisten gegen einen Zeitungsverlag eine angemessene Nachvergütung nach §§ 32, 32a UrhG i.H.v. knapp 80.000,- EUR zugesprochen. Der klagende Fotograf war mehrere Jahre für die Zeitung als Fotograf tätig und lieferte insg. ca. 3.500 Bildbeiträge, die per Email von der Redaktion beauftragt wurden. Je Bild erhielt er, unabhängig von dessen Größe, ein Honorar i.H.v. 10,- EUR (netto).  Aus den Urteilsgründen: ... mehr

"1. Dem Kl. steht als Urheber der in Rede stehenden Fotobeiträge aus dem Jahr 2010 gegen seine damalige Vertragspartnerin … der … verfolgte Nachvergütungsanspruch aus § 32 I 3 UrhG zu.

a) Das Urheberrecht ist von dem Leitgedanken geprägt, den Urheber an sämtlichen Erträgnissen aus der Verwertung seines Werkes oder seiner Leistung angemessen zu beteiligen. Dementsprechend kann der Urheber gem. § 32 I 3 UrhG von seinem Vertragspartner, sofern die mit diesem vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, eine Korrektur des Vertrags in dem Sinne verlangen, dass die vereinbarte Vergütung für die Einräumung der Nutzungsrechte durch eine angemessene Vergütung ersetzt wird. Ob die vertraglich vereinbarte Vergütung angemessen ist, bestimmt sich nach Abs. 2. Hierbei entspricht es zwar dem Prinzip des Vorrangs der vertraglichen Abrede, dass das Gesetz nicht einen unmittelbaren Anspruch auf die ergänzte Vergütung gewährt, sondern lediglich eine Korrektur des Vertrags vorsieht. Dennoch kann der Urheber bei einer prozessualen Durchsetzung des Rechts aus Abs. 1 S. 3 jedenfalls gleichzeitig – und dies stellt die Bekl. selbst nicht in Frage – Klage auf Vertragsänderung und Zahlung des angemessenen Entgelts, das heißt auf Zahlung der Differenz zwischen dem vertraglich vereinbarten und dem angemessenen Entgelt, erheben …

b) Eine solche Inanspruchnahme der Bekl. durch den Kl. ist nicht etwa gem. § 32 IV UrhG von vorneherein ausgeschlossen. Zwar bestimmt § 32 IV UrhG den Vorrang des Tarifrechts. Denn der Gesetzgeber hat die Tarifvertragsparteien als strukturell gleich stark eingeschätzt und insoweit keinen Bedarf für nachvertragliche Vertragsanpassungen im Anwendungsbereich tarifautonom getroffener Regelungen … Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Geltungsbereich des betreffenden Tarifvertrags für die Werknutzung in sachlicher, persönlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht eröffnet ist … Hieran fehlt es im Hinblick auf den persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags.

Das dem Kl. für die in den Jahren 2010, 2011 und 2012 gelieferten Fotobeiträge gezahlte Honorar war nicht angemessen iSd § 32 I 3 UrhG.
Unter welchen Voraussetzungen eine Vergütung angemessen ist, bestimmt sich nach § 32 II UrhG und zwar vorliegend allein nach dessen S. 2.
Denn die Kriterien für eine angemessene Vergütung lassen sich hier zumindest nicht unmittelbar einem gem. § 32 IV, § 36 I 3 UrhG vorrangigen Tarifvertrag entnehmen. Auch die Voraussetzungen einer gemeinsamen Vergütungsregel iSd § 36 UrhG liegen nicht vor, womit jedenfalls die unwiderlegliche Vermutung der Angemessenheit nach § 32 I 1 UrhG nicht eingreift. Die hier allein in Betracht kommenden GVR für Bildbeiträge gelten nämlich gem. § 3 erst ab dem 1.5.2013 und damit nicht für die hier in Rede stehenden Zeiträume.

Damit ist angemessen, was im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entsprach, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, insbesondere nach Dauer und Zeitpunkt der Nutzung, unter Berücksichtigung aller Umstände üblicher- und redlicherweise zu leisten war (§ 32 II 2 UrhG).

Dem entsprechend ist die angemessene Vergütung gem. § 287 II ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung und billigem Ermessen zu bestimmen (BGHZ 182, 337 Rn. 31 = GRUR 2009, 1148 – Talking to Addison).

aa) Maßgeblich ist insoweit allerdings nicht der Zeitpunkt des Beginns der Zusammenarbeit der Parteien im Jahr 2000, sondern der jeweiligen Auftragserteilungen durch die Redaktionen der Bekl. in den Jahren 2010, 2011 und 2012. …

bb) Bei der gem. § 32 II 2 UrhG vorzunehmenden Prüfung, ob eine Vergütung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, insbesondere nach Dauer und Zeitpunkt der Nutzung, unter Berücksichtigung aller Umstände nicht nur üblicher-, sondern auch redlicherweise zu leisten ist, können sodann auch solche gemeinsamen Vergütungsregelungen als Vergleichsmaßstab und Orientierungshilfe herangezogen werden, deren Anwendungsvoraussetzungen nicht (vollständig) erfüllt sind und die deshalb jedenfalls keine unwiderlegliche Vermutungswirkung iSv § 32 II 1 UrhG entfalten (vgl. BGHZ 182, 337 Rn. 32 ff. = GRUR 2009, 1148 – Talking to Addison; BGH, GRUR 2016, 62 [63] Rn. 16 – GVR Tageszeitungen I).

Dementsprechend konnte der Kl. seiner tabellarischen Aufstellung zur Nachvergütung, die die Bekl. im Einzelnen nicht mehr in Frage gestellt hat, nachdem der Kl. diese mit Schriftsatz vom 17.7.2014 im Hinblick auf die Produktionsausgaben mit jeweils unter 10.000 Exemplaren auf den insoweit tatsächlich gedruckten Umfang überarbeitet hat, grundsätzlich die Honorare der GVR für das Erstdruckrecht an Bildbeiträgen zu Grunde legen und damit einen Betrag von insgesamt 78.928,55 inklusive 7 % Mehrwertsteuer verlangen, auch wenn die Anwendungsvoraussetzungen der GVR für die in Rede stehenden Jahre 2010–2012 in zeitlicher Hinsicht nicht erfüllt sind.

(1) Die persönlichen Voraussetzungen hierfür sind jedenfalls erfüllt. Denn der Kl. ist schon nach dem eigenen Vorbringen der Bekl. in der Klageerwiderung freier hauptberuflicher Journalist.

(2) Maßgeblich sind die für die Einräumung eines Erstdruckrechts vorgesehenen Tarife. …
cc) Tatsächlich kann sogar dahinstehen, ob die Parteien ein Erstdruckrecht vereinbart haben. Selbst wenn dies nicht der Fall war, ist die vom Kl. verlangte Vergütung der Höhe nach angemessen iSd § 32 II 2 UrhG.

(1) Denn vorliegend kann bei der gem. § 32 II 2 UrhG vorzunehmenden Bestimmung eines angemessenen Honorars der gültige Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche freie Journalistinnen und Journalisten herangezogen werden. Tarifvertragliche Regelungen, deren Anwendungsvoraussetzungen – wie vorliegend der Fall – nicht erfüllt sind, können nämlich dennoch im Rahmen der Bestimmung einer angemessenen Vergütung gem. § 32 II 2 UrhG bei vergleichbarer Interessenlage durchaus indizielle Bedeutung haben (vgl. BGH, GRUR 2016, 62 – GVR Tageszeitungen I), ohne dass dem § 32 IV UrhG entgegenstünde.

Hierbei ist zwar bestehenden erheblichen Unterschieden im Einzelfall durch eine modifizierte Anwendung der Vergütungsregelung Rechnung zu tragen (BGH, GRUR 2016, 62 – GVR Tageszeitungen I).

Hinreichend konkrete Umstände, die gegen eine vergleichbare Interessenlage sprechen, hat die Bekl. jedoch nicht dargetan. …"

Bloomberg BNA – Intellectual Property Law Resource Center, Jabeen Bhatti spoke to Attorney at Law Urs Verweyen on the recent ruling of the German Supreme Court (Bundesgerichtshof) for a May 17, 2016 anaylsis of the verdict, which found that publishers do not have any copyrights or similar rights and that VG Wort's distribution of copyright levies to publisher has been illegal: ... mehr

Royalties – Top Court Ruling Upends German Royalty Collection System
By Jabeen Bhatti, May 17, 2016

A recent decision by the Federal Court of Justice (BGH) has thrown into doubt the legality of a long­held system of collecting royalties for rights' holders, with publishers and collecting societies vowing to find a way to overturn the ruling.

In an April 21 decision, the high court ruled that VG Wort, the German collecting society representing the copyright interests of hundreds of thousands of authors and publishers, was not entitled to distribute half of its copyright levies to publishing houses and similar organizations (Bundesgerichtshof (BGH) (Federal Court of Justice), Az.: I ZR 198/13, decision, 4/21/16).
The BGH said that collection societies were instead required to pay out revenues "exclusively to the holders of these rights and remedies," in this case the authors of published works, according to a statement on the verdict.
It's a significant change, attorneys said.
"It goes basically to the fundamentals of German collecting societies, not just VG Wort, but all major collecting societies, like GEMA for the music industry and VG Bild­Kunst for photography and visual art," Urs Verweyen, a partner in intellectual property law at KVLegal in Berlin, told Bloomberg BNA in a May 13 interview.
"What is says at its core is that the way in which money collected by collecting societies is distributed to authors and publishing houses is illegal and always has been illegal—publishers don't occupy a position as rights' holders," Verweyen said.

Decision In Line With Copyright Law
The case originally arose in 2011 when Martin Vogel, an author of scientific works who has been a member of VG Wort since 1994, sued VG Wort in the Regional Court of Munich, claiming that the collecting society was reducing copyright levies owed him by distributing them to his publisher.
The court ruled in favor of Vogel on May 24, 2012. VG Wort tried to appeal but the Higher Regional Court of Munich also ruled against the collection society on Oct. 17, 2013. The case then made its way to Germany's highest court, which confirmed the lower courts' rulings.
Some said the verdict is not surprising as it's largely in line with existing copyright law.
"Publishing houses in Germany don't have their own rights under copyright laws. Under European and German law, the money that is collected by collection societies has to go to rights' holders, and those are only authors in the case of VG Wort," said Verweyen.
"The BGH said it is quite clearly against the law to cut that intake into two pieces and distribute a fixed share, in this case 50 percent, to publishing houses."

Full Effect On Collecting Societies Uncertain
The decision will have a significant effect on how collecting societies and publishing houses operate, said Verweyen. "In the future, the major collecting societies will have to re­work their distribution schemes fully from the ground up, and they will also face claims by authors for repayment."
The extent of these claims is as yet unknown, and will ultimately depend on two factors, according to Verweyen: how many authors or musicians and other rights' holders seek repayment, and what the statute of limitation is for claims.
Collecting societies say the statute of limitation is three years, but Verweyen believes that it could eventually be up to 10 years. The total amount of repayments sought will be considerable, in any case.
"Sources close to the collecting societies are saying it could be up to hundreds of millions of euros," he said.

'Dark Day' For Publishers And Authors
The German publishing industry has strongly criticized the court's ruling.
"The BGH decision is a dark day for publishers and for authors. VG Wort will have to claim money back from publishers, and that will create great difficulties especially for smaller and medium­sized publishing houses," said Alexander Skipis, the managing director of the German Publishers' and Booksellers' Association in Frankfurt, in an interview with Bloomberg BNA May 17.
"According to our estimates, a number of these smaller firms will have to declare bankruptcy, and that would be a great loss for Germany's cultural diversity," he added.
Skipis said the association was currently investigating ways to overturn the verdict.
"We are looking into the chances of a constitutional complaint, and they do not seem to be bad," he said. The association was also holding "political discussions" to develop a way that would allow publishing houses to continue to receive payouts, Skipis added.
"But if nothing changes with this verdict, publishers will have to adjust, meaning they will invest less in authors, and in the marketing and editing of their books," said Skipis.

EU Final Arbiter Of Decision
VG Wort also called the court's verdict "highly problematic" in a May 4 statement on its website. It said it would examine the court's ruling in detail to see what kinds of "common rights' management" for authors and publishers are permitted.
At the beginning of June, VG Wort is also going to hold a members' meeting in Berlin to decide how to proceed, said Verweyen.
Collecting societies and publishers are already pushing for changes to be made to the German law that would allow them to return their old distribution model, but Verweyen says such copyright reforms will ultimately have to come from the EU.
"This is a European development, and these laws have been discussed and harmonized across Europe already," he said.
"But the EU is not very quick in designing new laws, copyright law especially, and it's a slow process with many stakeholders, so this will take time."

To contact the reporter on this story: Jabeen Bhatti in Berlin at correspondents@bna.com
To contact the editor responsible for this story: Mike Wilczek in Washington at mwilczek@bna.com

Der BGH hat heute in einem Filesharing-Verfahren zu der Frage entschieden, ob den Anschlussinhaber anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflichten gegenüber volljährigen Mitgliedern seiner Wohngemeinschaft treffen, und diese verneint — dazu aus der Mitteilung der Pressestelle Nr. 087/2016 vom 12.05.2016 dazu: 

"Die Klägerin im Verfahren I ZR 86/15 ist Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte an dem Film "Silver Linings Playbook". Sie hat von der Beklagten als Inhaberin eines Internetanschlusses wegen der unerlaubten öffentlichen Zugänglichmachung des Werks den Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 755,80 € verlangt. Die Beklagte hat eingewandt, ihre in Australien lebende Nichte und deren Lebensgefährte hätten anlässlich eines Besuchs mithilfe des ihnen überlassenen Passworts für den WLAN-Router die Verletzungshandlung begangen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.  

Der Bundesgerichtshof hat das die Klage abweisende Urteil des Amtsgerichts wiederhergestellt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts haftet die Beklagte nicht als Störer wegen von ihrer Nichte und deren Lebensgefährten begangener Urheberrechtsverletzungen auf Unterlassung. Als Grund für die Haftung kam vorliegend nur in Betracht, dass die Beklagte ihre Nichte und deren Lebensgefährten nicht über die Rechtswidrigkeit der Teilnahme an Internet-Tauschbörsen belehrt hat. Der Beklagten war eine entsprechende Belehrung ohne konkrete Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Nutzung des Internetanschlusses nicht zumutbar. Den Inhaber eines Internetanschlusses, der volljährigen Mitgliedern seiner Wohngemeinschaft, seinen volljährigen Besuchern oder Gästen einen Zugang zu seinem Internetanschluss ermöglicht, trifft keine anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflicht."

Vorinstanzen: AG Hamburg – Urteil vom 8. Juli 2014 – 25b C 887/13; LG Hamburg – Urteil vom 20. März 2015 – 310 S 23/14  

Der BGH hat heute in einem Filesharing-Verfahren zur Haftung des Anschlussinhabers in einer Familie geurteilt und eine solche  Haftung im Grundsatz bejaht:  ... mehr

Bundesgerichtshof, Mitteilung der Pressestelle Nr. 087/2016 vom 12.05.2016: 

"Die Klägerinnen im Verfahren I ZR 48/15 sind führende deutsche Tonträgerherstellerinnen. Sie nehmen den Beklagten als Inhaber eines Internetanschlusses wegen der angeblichen öffentlichen Zugänglichmachung von 809 Audiodateien auf Schadensersatz sowie auf Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch. Der Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerinnen, die Richtigkeit der Ermittlungen sowie seine Täterschaft bestritten. Er hat darauf verwiesen, dass auch seine Ehefrau und seine damals 15 und 17 Jahre alten Kinder Zugriff auf die beiden im Haushalt genutzten Computer mit Internetzugang gehabt hätten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat den Beklagten bis auf einen Teil der Abmahnkosten antragsgemäß verurteilt.  

Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Beklagten im Wesentlichen zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Beklagte für die öffentliche Zugänglichmachung der Musikaufnahmen über seinen Internetanschluss haftet. Das Berufungsgericht hat nach Durchführung der Beweisaufnahme zu Recht angenommen, die Ehefrau des Beklagten scheide als Täterin aus. Der Beklagte hat weiter nicht hinreichend konkret dazu vorgetragen, dass seine Kinder ernsthaft als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen."

Vorinstanzen: LG Köln – Urteil vom 20. November 2013 – 28 O 467/12; OLG Köln – Urteil vom 6. Februar 2015 – 6 U 209/13, juris

Der BGH hat heute in verschiedenen Filesharing-Verfahren u.a einen Blick auf die Festlegung des Unterlassungsstreitwerts im Urheberrecht (Filmwerke, Computerspiel) geworfen ... mehr

Aus Mitteilung der Pressestelle Nr. 087/2016 vom 12.05.2016: 

"Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat hat sich erneut mit Fragen der Haftung wegen der Teilnahme an Internet-Tauschbörsen befasst.  

Die Klägerinnen in den Verfahren I ZR 272/14, I ZR 1/15 und I ZR 44/15 haben die Verwertungsrechte an verschiedenen Filmwerken inne. Sie nehmen die jeweiligen Beklagten wegen der öffentlichen Zugänglichmachung der jeweiligen Filmwerke im Wege des "Filesharing" über ihren Internetanschluss teils auf Schadensersatz (600 € je Filmtitel) sowie auf Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch, die sie im Verfahren I ZR 272/14 und I ZR 1/15 nach einem Gegenstandswert der Abmahnung in Höhe von 10.000 € auf 506 € sowie im Verfahren I ZR 44/15 nach einem Gegenstandswert der Abmahnung in Höhe von 30.000 € auf 1.005,40 € veranschlagen. Das Berufungsgericht hat die Klage in den Verfahren I ZR 272/14 und I ZR 1/15 wegen des begehrten Schadensersatzes in Höhe von 600 € für begründet erachtet und die Beklagten zudem in allen drei Verfahren zur Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 130,50 € verurteilt. Das Landgericht hat angenommen, der Gegenstandswert der vorgerichtlichen Abmahnung belaufe sich stets auf das Doppelte des erstattungsfähigen Lizenzschadensersatzes, mithin vorliegend auf 1.200 €.

Auf die Revision der Klägerinnen hat der Bundesgerichtshof die Urteile des Landgerichts aufgehoben und die Sachen zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Das Landgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, der Gegenstandswert der anwaltlichen Abmahnung belaufe sich stets auf das Doppelte des anzunehmenden Lizenzschadens. Vielmehr ist der Gegenstandswert der Abmahnung in Fällen der vorliegenden Art nach dem Interesse der Klägerinnen an der Unterbindung künftiger Rechtsverletzungen unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu bestimmen. Die vom Landgericht vorgenommene schematische Bemessung des Gegenstandswerts wird dem Umstand nicht gerecht, dass die zukünftige Bereitstellung eines Werks in einer Internet-Tauschbörse nicht nur die Lizenzierung des Werks, sondern seine kommerzielle Auswertung insgesamt zu beeinträchtigen droht. Die hiernach für die Bemessung des Gegenstandswerts erforderlichen tatsächlichen Feststellungen – etwa zum wirtschaftlichen Wert des verletzten Rechts, zur Aktualität und Popularität des Werks, zur Intensität und Dauer der Rechtsverletzung sowie zu subjektiven Umständen auf Seiten des Verletzers – hat das Landgericht bislang nicht getroffen.

Die Klägerin im Verfahren I ZR 43/15 macht geltend, Inhaberin der Rechte an einem Computerspiel zu sein. Sie nimmt den Beklagten wegen der öffentlichen Zugänglichmachung des Computerspiels über seinen Internetanschluss auf Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch, die sie nach einem Gegenstandswert von 30.000 € auf 1.005,40 € veranschlagt. Vor dem Amtsgericht hatte die Klage in Höhe eines Betrages von 39 € Erfolg. Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von insgesamt 192,90 € verurteilt. Auch hier hat das Landgericht angenommen, der Gegenstandwert der vorgerichtlichen Abmahnung belaufe sich stets auf das Doppelte des erstattungsfähigen Lizenzschadensersatzes, mithin vorliegend auf 2.000 €.  

Auf die Revision der Klägerin hat der Bundesgerichtshof aus den vorgenannten Gründen das Urteil des Landgerichts ebenfalls aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. …"

Vorinstanzen:  

I ZR 272/14: AG Bochum – Urteil vom 16. April 2014 – 67 C 4/14; LG Bochum – Urteil vom 27. November 2014 – I-8 S 9/14  

I ZR 1/15: AG Bochum – Urteil vom 26. März 2014 – 67 C 3/14; LG Bochum – Urteil vom 27. November 2014 – I-8 S 7/14  

I ZR 43/15: AG Bochum – Urteil vom 8. Juli 2014 – 65 C 81/14; LG Bochum – Urteil vom 5. Februar 2015 – I-8 S 17/14  

I ZR 44/15: AG Bochum – Urteil vom 3. Juni 2014 – 65 C 558/13; LG Bochum – Urteil vom 5. Februar 2015 – I-8 S 11/14 

Mit Beschluss vom 27.04.2016 (Az. 13 W 27/16) hat das OLG Celle entschieden, dass eine vereinbarte Vergütung zwischen 40,- EUR und 100,- EUR für einen Online-Artikel von 10.000 Zeichen unangemessen. Der Autor des Artikels hat daher einen Anspruch auf Anpassung seiner Verträge mit dem Verlag und auf Zahlung einer höheren, angemessenen Vergütung.
In dem Verfahren ging es um insg. 14 Artikel, die der Autor für eine Online-Zeitschrift verfasst hatte. Mit dem Verlag vertraglich vereinbart war ein Pauschal-Honorar von 40,- bis 100,- EUR je Text (einfache Nutzungsrechte). Für Fotografien, die der Autor tw. ebenfalls zur Verfügung stellte, wurde keine Vergütung bezahlt. Diese Vergütung ist nach Ansicht des OLG Celle "unangemessen" i.S.v. § 32 UrhG:
"Eine Pauschalvergütung von 40 € bis 100 € für die Veröffentlichung eines Artikels mit einem Umfang von über 10.000 Zeichen in einem werbefinanzierten Onlinemagazin ist grundsätzlich als unangemessen i. S. d. § 32 Abs. 1 UrhG anzusehen"
Für die Bestimmung der dem Autor zustehenden angemessenen Vergütung hat das OLG Celle für den Bereich der Online-Medien nicht die nach Druckzeilen berechneten Honorare der GVR Tageszeitungen angewendet; diese seien auf den Bereich der freien, werbefinanzierten Onlinemedien nicht übertragbar und könnten daher nicht als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. Statt dessen orientiert sich das OLG Celle an der Honorarübersicht im Tarifvertrag des Deutschen Journalisten-Verbandes DJV als "üblicher und redlicher" Honorarregelung für den Online-Bereich:
"Unter welchen Voraussetzungen eine Vergütung angemessen ist, ist in § 32 Abs. 2 UrhG bestimmt. … Gibt es keine solche von Vereinigungen von Urhebern und Werknutzern aufgestellten gemeinsamen Vergütungsregeln, ist eine Vergütung angemessen, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, insbesondere nach Dauer und Zeitpunkt der Nutzung, unter Berücksichtigung aller Umstände, üblicher- und redlicherweise zu leisten ist. …
Bei der gemäß § 32 Abs. 2 Satz 2 UrhG vorzunehmenden Prüfung, ob eine Vergütung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, insbesondere nach Dauer und Zeitpunkt der Nutzung, unter Berücksichtigung aller Umstände üblicher- und redlicherweise zu leisten ist, können auch solche gemeinsamen Vergütungsregeln als Vergleichsmaßstab und Orientierungshilfe herangezogen werden, deren Anwendungsvoraussetzungen nicht (vollständig) erfüllt sind …
Soweit sich der Antragsteller auf die Honorarübersicht im Tarifvertrag des Deutschen Journalisten-Verbandes DJV beruft, kommt eine indizielle Heranziehung der dort aufgeführten Vergütungsregeln in Betracht. Auch einem Tarifvertrag kann indizielle Wirkung zukommen, wenn derjenige, der sich auf den Tarifvertrag beruft, beweisen kann, dass die Vergütungsregel vergleichbar ist …"
Demnach ist für Artikel in Onlinemagazinen eine Pauschalvergütung nicht ausgeschlossen, muss aber zwischen 200,- EUR und 700,- EUR betragen:
"Pauschale Honorare werden als Vergütungsmodus von § 32 UrhG zwar nicht ausgeschlossen … Die Pauschalvergütung muss aber der Redlichkeit entsprechen… Dies setzt voraus, dass die Pauschalvergütung – bei objektiver Betrachtung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses – eine angemessene Beteiligung am voraussichtlichen Gesamtertrag der Nutzung gewährleistet …
Damit kommen nach der Honorarübersicht im Tarifvertrag des Deutschen Journalisten-Verbandes DJV Pauschalhonorare von 200 bis 700 € für die Artikel des Antragstellers in Betracht. Eine über 400 € hinausgehende Pauschalvergütung für die von dem Antragsteller verfassten Artikel sieht der Senat hier als angemessen an, um die Interessen der Parteien ausreichend zu berücksichtigen. Der Antragsteller kann sich diesbezüglich nicht auf den Zeitaufwand berufen, den er bei der Erstellung der Artikel hatte. Denn die angemessene Vergütung nach § 32 Abs. 1 Satz 1 UrhG wird – anders als die Vergütung des Werkunternehmers – nicht für die erbrachte Leistung und für die damit verbundene Arbeit, sondern für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung geschuldet. Die angemessene Vergütung hängt daher in erster Linie vom Ausmaß der Nutzung des Werkes ab. … Auf der anderen Seite ist der Umfang der von dem Antragsteller verfassten Artikel zu berücksichtigen. Ein umfangreicher Artikel mit über 10.000 Zeichen ermöglicht der Antragsgegnerin eine entsprechende Anzahl von Werbe-Bannern zu schalten."
 
Auch die kostenlose Dreingabe von Fotos zu den Texten durch den Autor ist nach Ansicht des OLG Celle unangemessen. Die Fotos seien extra zu Vergütung, insoweit seine 50,- EUR je Bild angemessen:
" Für die beiden Lichtbilder, die mit den Artikeln mitveröffentlicht worden sind, sind nach den GVR Tageszeitungen bei dem Erstdruckrecht in einer Auflage bis 10.000 bis zu 27,50 € zu zahlen. Bei den Honoraren nach dem DJV sind für Onlinezeitungen und -zeitschriften bei nicht kostenpflichtigen Angeboten bis zu 60 € pro Bild zu zahlen. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin hat danach eine Vergütung für ein Lichtbild gesondert neben dem Artikel zu erfolgen. Insoweit erscheint dem Senat eine pauschale Vergütung von 50 € pro Bild angemessen, …".
 
 

Mit Beschluss vom 7. Januar 2016 (Az. I ZR 155/14) hat der BGH eine Beschwerde der ZPÜ gegen die Nichtzulassung der Revision gegen ein Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Münchens zurückgewiesen und sich in dem Zurückweisungsbeschluss dazu geäußert, wer "Einführer" abgabepflichtiger Speichergeräte und -medien i.S.v. § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG a.F. (= § 54b Abs. 2 Satz 2 UrhG n.F.) ist; nach Ansicht des BGH ist allein maßgeblich, ob der Bezugsvertrag vor oder nach der Einfuhr der Geräte nach Deutschland abgeschlossen wurde: >>

"Das Oberlandesgericht hat mit Recht angenommen, dass der Einfuhr nur dann ein Vertrag mit einem Gebietsfremden im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG aF (jetzt § 54b Abs. 2 Satz 2 UrhG) zugrunde liegt, wenn der Vertrag vor der Einfuhr geschlossen worden ist. Der im Inland ansässige Vertragspartner eines Gebietsfremden ist daher nicht Einführer im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG aF (jetzt § 54b Abs. 2 Satz 2 UrhG), wenn er den Vertrag erst nach der Einfuhr geschlossen hat."

Entgegen der Ansicht der ZPÜ sehe "das Gesetz … nicht vor, dass auf jeden Fall ein im Inland ansässiger Vergütungsschuldner für die Gerätevergütung haftet." Auch die Verpflichtung der EU-Mitgliedstaaten, eine gerechten Ausgleich für Privatkopien zu gewährleisten, gehe nicht so weit, dass die Verwertungsgesellschaften die Geräteabgabe immer gegenüber einem im Inland ansässigen Unternehmen geltend machen können (vgl. auch EuGH, U.v. 16. Juni 2011, Rs. C‑462/09 – Opus  / Stichting de Thuiskopie)

Vgl. auch bereits die Vorinstanz OLG München, Endurteil vom 26.06.2014, Az. 6 Sch 1/13 WG:

"… Die der klägerischen Argumentation zugrunde liegende Annahme, wonach der inländische Veräußerer (Vertragspartner der Händler) zwangsläufig auch Einführer der Geräte sei, erschließt sich dem Senat schon deshalb nicht, weil ein Verkäufer auch bereits im Inland befindliche Ware zum Gegenstand eines Kaufvertrags machen kann. Für die Frage einer Vergütungspflicht der Beklagten als Importeur ist nicht von Belang, ob sie (im Wege eines reinen Inlandsgeschäfts) mit inländischen Abnehmern kontrahiert hat, sondern ob sie die Geräte entweder tatsächlich ins Inland verbracht hat bzw. hat verbringen lassen (§ 54 Abs. 2 Satz 1 UrhG) oder ob die Ware aufgrund eines von ihr mit einem Gebietsfremden (hier: der französischen Muttergesellschaft) geschlossenen Vertrags (sei es auch von der A. S.A.) eingeführt wurde (§ 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG a. F.). Denn das Gesetz knüpft in § 54 Abs. 2 Satz 1 UrhG a. F. für die Legaldefinition des Einführers nicht an den Abschluss eines Inlandsgeschäfts (Kaufvertrags über Geräte) an, sondern an den Realakt des Verbringens oder Verbringen-Lassens in den Geltungsbereich des Gesetzes. …"

Mit Urteil vom 21. April 2016 hat der BGH erwartungsgemäß die seit Jahrzehnten praktizierte Ausschüttungspraxis der VG Wort und anderer Verwertungsgesellschaften als rechtswidrig verurteilt und gekippt (BGH, Urteil vom 21. April 2016, Az. I ZR 198/13 – Vogel ./. VG Wort). Die Verwertungsgesellschaften wie VG Wort, GEMA und VG Bild-Kunst dürfen und durften keine Einnahmen aus Urheberrechten pauschal an Verlage und andere Verwerter (Bildagenturen, Musikverleger, etc.) ausschütten. Diese Gelder stehen ausschließlich den Autoren, Künstlern und anderen Urhebern zu. Der BGH folgt damit der Reprobel-Entscheidung des EuGH und den Vorinstanzen LG München I und OLG München. ... mehr

Nun steht "schwarz auf weiß" fest, dass die Verwertungsgesellschaften, die diese rechtswidrige Ausschüttungspraxis seit Jahrzehnten praktizieren, die Autoren, Musikkomponisten und -texter, Bildkünstler u.a. Jahr für Jahr um erhebliche Einnahmen (allein bei der VG Wort wohl in zweistelliger Millionenhöhe) gebracht haben.
Den Urhebern stehen nun ganz erhebliche Nachforderungen gegen die Verwertungsgesellschaften zu (und zwar nach unsere Auffassung für die letzen 10 Jahre)!

VG Wort und Börsenverein kritisieren in ihren ersten Stellungnahmen die Entscheidung des BGH heftig. Der Börsenverein spricht von einem "schweren Schlag für die einzigartige Verlagskultur in Deutschland", bezeichnet das Urteil des BGH als "verfassungsrechtlich und kulturpolitisch problematisch" und verbindet dies mit dem Ruf nach Gesetzgeber und Politik. Unter geht in diesen und anderen ersten Stellungnahmen, dass die heutige Entscheidung des BGH erneut nur bestätigt, dass die VG Wort, wie andere deutsche Verwertungsgesellschaften auch, seit Jahr und Tag "ihren" Urhebern, den Autoren, Musikschaffende, Fotografen und anderen Bildkünstlern, rechtswidrig und in erheblichem Umfang (allein bei der VG Wort wohl in zweistelliger Millionenhöhe) Zahlungen vorenthalten haben. Die heutige Entscheidung des BGH ist daher eine gute Nachricht für die Urheber, die künftige deutlich höhere Ausschüttungen erwarten dürfen, wodurch sich ihre all zu oft prekären wirtschaftlichen Verhältnisse nachhaltig verbessern sollte (vgl. auch die Stellungnahme von Julia Reda, MdEP).

Zudem stehen den Urhebern nun ganz erhebliche Nachforderungen gegen die Verwertungsgesellschaften zu!

Pressemeldung des BGH:

Keine pauschale Beteiligung von Verlagen an den Einnahmen der VG Wort

Urteil vom 21. April 2016 – I ZR 198/13 – Verlegeranteil

Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass die VG Wort nicht berechtigt ist, einen pauschalen Betrag in Höhe von grundsätzlich der Hälfte ihrer Einnahmen an Verlage auszuzahlen.

Die Beklagte ist die im Jahr 1958 gegründete Verwertungsgesellschaft Wort. Sie ist ein rechtsfähiger Verein kraft staatlicher Verleihung, in dem sich Wortautoren und deren Verleger zur gemeinsamen Verwertung von Urheberrechten zusammengeschlossen haben. Sie nimmt als einzige Verwertungsgesellschaft in Deutschland die ihr vertraglich anvertrauten urheberrechtlichen Befugnisse von Wortautoren und deren Verlegern wahr.

Der Kläger ist Autor wissenschaftlicher Werke. Er hat mit der Beklagten im Jahr 1984 einen Wahrnehmungsvertrag geschlossen. Darin hat er ihr unter anderem die gesetzlichen Vergütungsansprüche für das aufgrund bestimmter Schrankenbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes zulässige Vervielfältigen seiner Werke zum privaten Gebrauch zur Wahrnehmung übertragen.

Mit seiner Klage wendet der Kläger sich dagegen, dass die Beklagte die Verleger und bestimmte Urheberorganisationen entsprechend den Bestimmungen ihres Verteilungsplans an ihren Einnahmen beteiligt und dadurch seinen Anteil an diesen Einnahmen schmälert.

Das Oberlandesgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte Revision eingelegt, mit der sie die vollständige Abweisung der Klage erstrebt. Der Kläger hat Anschlussrevision eingelegt, mit der er erreichen möchte, dass seiner Klage in vollem Umfang stattgegeben wird. Der Bundesgerichtshof hat die Rechtsmittel beider Parteien zurückgewiesen.

Die Beklagte ist – so der Bundesgerichtshof – nicht berechtigt, einen pauschalen Betrag in Höhe von grundsätzlich der Hälfte ihrer Einnahmen an Verlage auszuschütten. Eine Verwertungsgesellschaft hat die Einnahmen aus der Wahrnehmung der ihr anvertrauten Rechte und Ansprüche ausschließlich an die Inhaber dieser Rechte und Ansprüche auszukehren; dabei muss sie diese Einnahmen in dem Verhältnis an die Berechtigten verteilen, in dem diese Einnahmen auf einer Verwertung der Rechte und Geltendmachung von Ansprüchen der jeweiligen Berechtigten beruhen. Damit ist es nicht zu vereinbaren, dass die Beklagte den Verlegern einen pauschalen Anteil ihrer Einnahmen auszahlt, ohne darauf abzustellen, ob und inwieweit diese Einnahmen auf der Wahrnehmung der ihr von Verlegern eingeräumten Rechte oder übertragenen Ansprüche beruhen. Allein der Umstand, dass die verlegerische Leistung es der Beklagten erst ermöglicht, Einnahmen aus der Verwertung der verlegten Werke der Autoren zu erzielen, rechtfertigt es nicht, einen Teil dieser Einnahmen den Verlegern auszuzahlen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte mit der Wahrnehmung der ihr von Verlegern eingeräumten Rechte oder übertragenen Ansprüche tatsächlich Einnahmen in einem Umfang erzielt, der es rechtfertigt, regelmäßig die Hälfte der Verteilungssumme an die Verleger auszuschütten. Den Verlegern stehen nach dem Urheberrechtsgesetz keine eigenen Rechte oder Ansprüche zu, die von der Beklagten wahrgenommen werden könnten. Verleger sind – von den im Streitfall nicht in Rede stehenden Presseverlegern abgesehen – nicht Inhaber eines Leistungsschutzrechts. Die gesetzlichen Vergütungsansprüche für die Nutzung verlegter Werke stehen kraft Gesetzes originär den Urhebern zu. Die Beklagte nimmt auch keine den Verlegern von den Urhebern eingeräumten Rechte oder abgetretenen Ansprüche in einem Umfang wahr, der eine Beteiligung der Verleger an der Hälfte der Einnahmen der Beklagten begründen könnte. Das Verlagsrecht räumen die Verleger der Beklagten nicht zur Wahrnehmung ein. Gesetzliche Vergütungsansprüche haben die Urheber den Verlegern jedenfalls nicht in einem Umfang wirksam abgetreten, der es rechtfertigen könnte, die Hälfte der Einnahmen an die Verlage auszuschütten.

Dagegen durfte die Beklagte – so der Bundesgerichtshof weiter – bestimmte Urheberorganisationen an ihren Einnahmen beteiligen, soweit die Autoren diesen Organisationen ihre bereits entstandenen gesetzlichen Vergütungsansprüche abgetreten hatten.

Vorinstanzen: LG München I – Urteil vom 24. Mai 2012 – 7 O 28640/11; OLG München – Urteil vom 17. Oktober 2013 – 6 U 2492/1

Siehe auch Meldungen bei FAZ und SZ und nochmal SZ.

Auf boersenblatt.net findet sich ein Interview mit dem Kläger des Verfahrens, Martin Vogel. Auf Übermedien findet sich eine Stellungnahme von Martin Vogel zum Urteil.

In Heft 6 der jur. Fachzeitschrift Wettbewerb in Recht und Praxis WRP hat RA Dr. Urs Verweyen eine Stellungnahme (Editorial) zum VG Wort-Urteil geschrieben, s. hier: Verweyen, Editorial BGH Verlegeranteil, WRP 06/2016 (mit freundlicher Genehmigung des Verlags).

UPDATE 1. Juli 2016: RA Dr. Urs Verweyen wird am 6. Juli 2016 im Deutschen Bundestag, Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz (Rechtsausschuss) als Sachverständiger u.a. zu dem Thema "Beteiligung von Verlagen an den Ausschüttungen gemeinsamer Verwertungsgesellschaften – Konsequenzen aus dem Urteil des BGH vom 21.4.2016, I ZR 198/13 – Verlegerbeteiligung" Stellung nehmen.

Vom 14. bis 15. April findet in Berlin der 15. @kit-Kongress "Internet und Recht und Freiheit" statt, in dem es u.a um das neue Verwertungsgesellschaftengesetz VGG und die darin vorgesehen Sicherheitsleistung für die Geräte- und Speichermedienabgaben gehen wird (vorgestellt von RA Verweyen; die Unterlagen zum Vortrag von RA Verweyen erhalten Sie hier: 20160411_KVLEGAL_Präs.@kit VGG). Weitere Themen: Hatespeech, Netzneutralität, Urhebervertragsrecht, Werbeblocker, Vorratsdatenspeicherung, Safe Harbor u.a.m. Das Programm finden Sie hier.

Nach Auffassung von EuGH-Generalanwalt Melchior Wathelet stellt das Setzen eines Hyperlinks zu einer Website, auf der ohne Zustimmung des Rechtsinhabers Fotos veröffentlicht worden sind, keine Urheberrechtsverletzung dar. Dabei kommt es auch nicht auf die Beweggründe der Person, die den Hyperlink gesetzt hat, an oder darauf, ob diese Person wusste oder hätte wissen müssen, dass die ursprüngliche Wiedergabe der Fotos auf der anderen, von ihr verlinkten  Website, ohne Zustimmung des Rechtsinhabers erfolgt ist. ... mehr

Nach dem EuGH mit Urteil vom 12. 11. 2015, Rs. C‑572/13 – Reprobel die in Belgien praktizierte Beteiligung der Verlage und andere Verwerter an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften als unvereinbar mit den europarechtlichen Vorgaben der InfoSoc-RiL und als rechtswidrig verurteilt hatte, hat der BGH mit heutigem Urteil in der Sache Vogel ./. VG Wort (Az. I ZR 198/13) für die deutschen Verwertungsgesellschaften ebenso entschieden und damit die langjährige Ausschüttungspraxis der Verwertungsgesellschaften VG Wort, VG Bild-Kunst, GEMA und anderer Verwertungsgesellschaften für rechtswidrig erklärt. Der BGH bestätigt damit auch das Urteil des Vorinstanzen, OLG München und LG München I.
Autoren, Schriftstellern, Fotografen, Musikkomponisten und Textdichtern und anderen Urhebern stehen damit erhebliche Nachforderungen und Schadensersatzansprüche gegen ihre Verwertungsgesellschaften zu. Wissenschaftsautoren haben z.B. bisher von der VG Wort nur die Hälfte desjenigen erhalten, was Ihnen eigentlich zusteht.
Die Verwertungsgesellschaften versuchen diese Ansprüche der Urheber möglichst einzuschränken, Insb. behaupten sie, dass sie der einer dreijährigen Verjährungsfrist unterliegen. Das erscheint äußerst zweifelhaft; wir gehen von einer zehnjährigen Verjährungsfrist aus, so dass Korrekturen und Nachforderungen für die letzten 10 Jahre geltend gemacht werden können.
Für die Urheber besteht nun Handlungsbedarf: Sie müssen Ihre Ansprüche bei den Verwertungsgesellschaften anmelden und ggf. klageweise durchsetzen. Schon vor der heutigen Entscheidung des BGH haben einige Instanzgerichte entsprechende Klagen der Urheber positiv beschieden. Die Verwertungsgesellschaften werden entsprechende Rückforderungen gegen die Verlage und andere Verwerter, die sie bisher rechtswidrig begünstigt und rechtswidrig an den Ausschüttungen beteiligt hatten, geltend machen müssen.
Gerne stehen wir für die Prüfung Ihrer Ansprüche und für Rückfragen zu Verfügung!
 
 

Die Schriftsteller-Initiative "Urheberpauschale für Autoren" wehrt sich öffentlich gegen die Forderung von Bundesjustizminister Maas und der Verwertungsgesellschaften, durch politische und gesetzgeberische Maßnahmen den (rechtswidrigen) statuts-quo der Beteiligung der Verleger und Verwerter an den allein den Urhebern zustehenden Einnahmen der Verwertungsgesellschaften für die Zukunft festzuschreiben. Die Initiative bitte um Unterstützung durch Unterschrift ihres Aufrufs unter http://urheberpauschale.de/.
Ende Mai 2016 haben bereits 1.200 Autorinnen und Autoren unterschrieben!
S. auch den Beitrag von Hammerschmitt in Konkret 6/2016, hier.
UPDATE 1. Juli 2016: RA Dr. Urs Verweyen wird am 6. Juli 2016 im Deutschen Bundestag, Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz (Rechtsausschuss) als Sachverständiger u.a. zu dem Thema "Beteiligung von Verlagen an den Ausschüttungen gemeinsamer Verwertungsgesellschaften – Konsequenzen aus dem Urteil des BGH vom 21.4.2016, I ZR 198/13 – Verlegerbeteiligung" Stellung nehmen. Seine schriftliche Stellungnahme finden Sie in Kürze hier.

Die Schiedsstelle Urheberrecht beim DPMA hat mit Beschluss vom 25. Februar 2016 einem Antrag des ZItCo e.V. auf Akteneinsicht stattgegeben. Insb. geht es um die Einsicht in die empirische Untersuchung über die Nutzung von Tablets zur Anfertigung von Vervielfältigungen i.S.v. § 53 Abs. 1 bis Abs. 2 UrhG, die nach § 54a Abs. 1 UrhG i.V.m. § 14 Abs. 5b UrhWG in dem Gesamtvertragsverfahren des BITKOM e.V. gegen die ZPÜ und die Verwertungsgesellschaften VG Wort und VG Bild Kunst durchgeführt worden war. ... mehr

BITKOM und ZPÜ wollten der Akteneinsicht nur dann zustimmen, wenn der ZItCo e.V. sich an den erheblichen Kosten für die Erstellung der empirischen Untersuchung mit einem Drittel beteilige. Die Schiedsstelle stellte demgegenüber fest, dass der Anspruch des ZItCo e.V. nach § 10 Satz 2 UrhSchiedsVO i.V.m. § 299 ZPO (analog) auch ohne Kostenbeteiligung berechtigt ist. Im Rahmen der gebotene Interessenabwägung habe das wirtschaftliche Interesse des BITKOM und der ZPÜ an einer Kostenbeteiligung hinter dem glaubhaft gemachten Informationsinteresse des ZItCo e.V. zurückzustehen. Zudem sei davon auszugehen, dass die Untersuchung spätestens in einem etwaigen eigenen Gesamtvertragsverfahren des ZItCo e.V. gegen die ZPÜ zu Tablets heranzuziehen und (ohne Kostenbeteiligung) offen zu legen sei.

VG WORT und VG Bild-Kunst haben mit dem BITKOM einen Vergleich über die Geräteabgaben nach §§ 54, 54a UrhG a.F. ("altes Recht") für PC, die im Zeitraum von 2001 bis 2007 in Verkehr gebracht wurden, geschlossen. Nach dem Vergleich sollen zusätzlich zu den von der ZPÜ nach § 54, 54d und Ziff. I der Anlage zu § 54d UrhG a.F. geforderten 18,42 EUR je "Verbraucher-PC" 3,50 EUR und je "Business-PC" 2,00 EUR an die Verwertungsgesellschaften Wort und Bild-Kunst gezahlt werden; abgabenfrei bleiben Workstations und Server u.ä.. Der Vergleich bindet nur solche Unternehmen, die Mitglied des BITKOM sind und sich dem Vergleich anschließen; ein Beitritt ist noch bis 30. April 2016 möglich. ... mehr

Dem ist ein jahrzehntelanger Rechtsstreit vorausgegangen, der neben dem Bundesgerichtshof BGH und dem Europäischen Gerichtshof EuGH auch das Bundesverfassungsgericht beschäftigt hat. Zuletzt hatte das OLG München angekündigt, wohl nicht vor 2023 zu einer Entscheidung zu kommen. Ob die geltend gemachten Ansprüche dem Grunde nach bestehen und in welcher (gesetzlichen) Höhe ist damit weiterhin offen, zumal zuletzt durchgreifende Zweifel an der Vereinbarkeit der deutschen Abgaberegeln in §§ 54 ff. UrhG mit europäischem Recht aufgekommen sind (vgl. für Österreich hier).

 

 

Der BGH hat heute die strenge Rechtsprechung zum Verbraucherwiderrufsrecht bei sog. Fernabsatzverträgen (eCommerce) bestätigt und geurteilt, dass ein Verbraucher eine Fernabsatzvertrag auch dann in der Widerrufsfrist widerrufen kann, wenn der Grund dafür nicht in der Ware selbst liege. ... mehr

Bundesgerichtshof, Mitteilung der Pressestelle Nr. 057/2016 vom 16.03.2016

Widerruf von Fernabsatzverträgen von Gesetzes wegen ohne Rücksicht auf die Beweggründe deVerbrauchers möglich

Urteil vom 16. März 2016 – VIII ZR 146/15

Der Bundesgerichtshof hat sich heute mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen ein Verbraucher unter dem Gesichtspunkt rechtsmissbräuchlichen Verhaltens am Widerruf eines Fernabsatzvertrages gehindert ist.

Der Kläger hatte bei der Beklagten über das Internet zwei Matratzen bestellt, die im Januar 2014 ausgeliefert und vom Kläger zunächst auch bezahlt worden waren. Unter Hinweis auf ein günstigeres Angebot eines anderen Anbieters und eine "Tiefpreisgarantie" des Verkäufers bat der Kläger um Erstattung des Differenzbetrags von 32,98 €, damit er von dem ihm als Verbraucher zustehenden Widerrufsrecht absehe. Zu einer entsprechenden Einigung kam es nicht. Der Kläger widerrief den Kaufvertrag daraufhin fristgerecht und sandte die Matratzen zurück.  

Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Kläger sich rechtsmissbräuchlich verhalten habe und der Widerruf deshalb unwirksam sei. Denn das Widerrufsrecht beim Fernabsatzgeschäft bestehe, damit der Verbraucher die Ware prüfen könne. Aus diesem Grund habe der Kläger aber nicht widerrufen, sondern vielmehr um (unberechtigt) Forderungen aus der "Tiefpreisgarantie" durchzusetzen.  

Die auf Rückzahlung des Kaufpreises gerichtete Klage hatte in allen Instanzen Erfolg. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises zusteht, da er den Kaufvertrag wirksam widerrufen hat. Dem steht nicht entgegen, dass es dem Kläger darum ging, einen günstigeren Preis für die Matratzen zu erzielen. Für die Wirksamkeit des Widerrufs eines im Internet geschlossenen Kaufvertrags genügt allein, dass der Widerruf fristgerecht erklärt wird. Die Vorschriften über den Widerruf sollen dem Verbraucher ein effektives und einfach zu handhabendes Recht zur Lösung vom Vertrag geben. Einer Begründung des Widerrufs bedarf es nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung nicht. Deshalb ist es grundsätzlich ohne Belang, aus welchen Gründen der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht.

Ein Ausschluss dieses von keinen weiteren Voraussetzungen abhängenden Widerrufsrechts wegen eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Verbrauchers kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, in denen der Unternehmer besonders schutzbedürftig ist. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Verbraucher arglistig handelt, etwa indem er eine Schädigung des Verkäufers beabsichtigt oder schikanös handelt. Damit ist der vorliegende Fall jedoch nicht vergleichbar. Dass der Kläger Preise verglichen und der Beklagten angeboten hat, den Vertrag bei Zahlung der Preisdifferenz nicht zu widerrufen, stellt kein rechtsmissbräuchliches Verhalten dar. Das ist vielmehr Folge der sich aus dem grundsätzlich einschränkungslos gewährten Widerrufsrecht ergebenden Wettbewerbssituation, die der Verbraucher zu seinem Vorteil nutzen darf.

Vorinstanzen:  

AG Rottweil – Urteil vom 30. Oktober 2014 (1 C 194/14)  

LG Rottweil – Urteil vom 10. Juni 2015 (1 S 124/14)  

Karlsruhe, den 16. März 2016

§ 312b BGB aF Fernabsatzverträge  

(1) Fernabsatzverträge sind Verträge über die Leistung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt. […]  

(2) Fernkommunikationsmittel sind Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden können, insbesondere Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails sowie Rundfunk, Tele- und Mediendienste.  

[…]  

§ 312d BGB aF Widerrufs- und Rückgaberecht bei Fernabsatzverträgen  

(1) Dem Verbraucher steht bei einem Fernabsatzvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu. […]  

(2) Die Widerrufsfrist beginnt abweichend von § 355 Abs. 3 Satz 1 nicht vor Erfüllung der Informationspflichten gemäß Artikel 246 § 2 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche, bei der Lieferung von Waren nicht vor deren Eingang beim Empfänger, bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartiger Waren nicht vor Eingang der ersten Teillieferung und bei Dienstleistungen nicht vor Vertragsschluss.  

[…]  

§ 355 BGB aF Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen  

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so ist er an seine auf den Abschluss des Vertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn er sie fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten und ist in Textform oder durch Rücksendung der Sache innerhalb der Widerrufsfrist gegenüber dem Unternehmer zu erklären; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung.  

[…]

 

Das OLG Köln hat mit Urteil vom 15.1.2016, Az. 6 U39/15 festgestellt, dass die Beschriftung des Bestell-Buttons von Amazons "Prime"-Dienst – ursprünglich "jetzt anmelden", zuletzt "Jetzt gratis testen – danach kostenpflichtig" nicht hinreichend eindeutig i.s.d. der sog. "Button-Lösung" nach § 312j BGB (n.F.) und Art. 8 Abs. 2 der europäischen Verbraucherrechtsrichtlinie VRRL und darüber hinaus irreführend ist. ... mehr

Nach der "Button-Lösung" muss ein Unternehmer bei einem Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr, der eine entgeltliche Leistung zum Gegenstand hat, dem Verbraucher bestimmte, in Artikel 246a § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 4, 5, 11 und 12 EGBGB aufgeführte Informationen klar und verständlich sowie in hervorgehobener Weise zur Verfügung stellen, und zwar unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt. Dabei hat der Unternehmer die Bestellsituation so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, so muss diese Schaltfläche gut lesbar nur mit den Wörtern "zahlungspflichtig bestellen" oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein.

Die Beschriftung "Jetzt gratis testen – danach kostenpflichtig" weise den Verbraucher nicht ebenso deutlich wie "zahlungspflichtig bestellen" darauf hin, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung gegenüber Amazon verbunden ist, die nur dann entfällt, wenn der Vertrag in der Probezeit rechtzeitig gekündigt wird.

Die von der Beklagten gewählte Formulierung sei zudem irreführend, denn es bestehe die Gefahr, dass der Verbraucher glaube, lediglich eine kostenfreie Probezeit zu buchen, und dass ihm ein solcher Gratistest nur "jetzt" möglich sei. Der Gesamtkontext der Webseite mit den Überschriften "Jetzt 30 Tage testen" und "Bitte überprüfen und bestätigen Sie ihre Angaben, um die Probezeit zu starten" verstärke diese Gefahr.

Wir hatten hier bereits über einige Neuerungen berichtet, die die Verordnung (EU) 2015/2424 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Gemeinschaftsmarkenverordnung mit sich bringt, sobald sie am 23.03.2016 in Kraft tritt.

Hervorzuheben ist ergänzend hierzu die in Art. 28 Abs. 8 UMV geregelte Änderung, wonach Inhaber von vor dem 22. Juni 2012 angemeldeten Unionsmarken, die in Bezug auf die gesamte Überschrift einer Nizza-Klasse eingetragen sind, bis zum Stichtag am 24. September 2016 gegenüber dem Amt erklären können, dass es am Anmeldetag ihre Absicht war, Schutz in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen zu beantragen, die über diejenigen hinausgehen, die von der wörtlichen Überschrift der betreffenden Klasse erfasst sind, sofern die so bezeichneten Waren oder Dienstleistungen im alphabetischen Verzeichnis für diese Klasse in der zum Zeitpunkt der Anmeldung geltenden Fassung der Nizza-Klassifikation aufgeführt sind. ... mehr

Geht eine solche Erklärung beim Amt nicht binnen der genannten Frist ein, gelten danach nur diejenigen Waren oder Dienstleistungen, die eindeutig von der wörtlichen Bedeutung der Begriffe in der Überschrift der einschlägigen Klasse erfasst sind.

Hintergrund ist das EuGH-Urteil IP-Translator vom 19.06.2012, Rechtsache C-307/10 (GRUR 2012, 822), wonach "die Waren oder Dienstleistungen, für die Markenschutz beantragt wird, vom Anmelder so klar und eindeutig anzugeben sind, dass die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer allein auf dieser Grundlage den Umfang des Markenschutzes bestimmen können". Laut Urteil des EuG vom 15.07.2015 – T-24/13 gilt für den Markeninhaber von Marken, die vor dieser Entscheidung angemeldet und eintragen wurden, ein gewisser Vertrauensschutz. Denn vorher war aufgrund der Mitteilung Nr. 4/03 des Präsidenten des HABM davon auszugehen, dass eine Gemeinschaftsmarke, die für sämtliche Oberbegriffe einer Klasse angemeldet wurde, auch Schutz für sämtliche Waren oder Dienstleistung in der alphabetischen Liste dieser Klasse erlangt hat.

In der Änderungsverordnung wird jetzt eine Übergangszeit geregelt, nach deren Ablauf für alle Unionsmarken der gleiche Schutzumfang gilt.

Am 08.02.2016 hat der Präsident des HABM dazu die Mitteilung 1/16 veröffentlicht, aus deren Annex sich eine Liste von Waren und Dienstleistungen ergibt, die das Amt in der jeweiligen Fassungs der Nizza-Klassifikation als eindeutig nicht von den jeweiligen Klassenüberschriften erfasst ansieht. Darunter sind viele Klassen, deren Überschriften nach Einschätzung des Amtes bereits alle Waren und Dienstleistungen der alphabetischen Liste erfassen, sodass ein Änderungsantrag in diesen Fällen wohl nicht erforderlich ist. Das ist der Fall für die Klassen 6, 17, 23, 27, 32, 34, 36, 38, 42, 43 und 45. Die Liste des Amtes beinhaltet jedoch nur "eindeutig" nicht von den Überschriften erfasste Waren und Dienstleistungen. Dem Anmelder steht es daher frei, auch eine Erklärung über darüber hinausgehende Waren und Dienstleistungen gegenüber dem Amt abzugeben und diese entsprechend prüfen zu lassen wenn er der Ansicht ist, dass auch diese nicht von der jeweiligen Klassenüberschrift, für die seine Marke vor dem 22.06.2012 eingetragen wurde, erfasst sind.

In den Fällen, in denen eine Marke vor dem 22.06.2012 angemeldetet wurde und der Anmelder aufgrund der damals geltenden Rechtslage der Ansicht war, dass durch die Anmeldung in den jeweiligen Klassenüberschriften auch wörtlich nicht explizit erfasste Waren und Dienstleistungen – wie sie der Annex zu Mitteilung 1/16 des Priäsidenten des HABM nunmehr (nicht abschließend) auflistet – enthalten sind und die Marke aber für derartige Waren und Dienstleistungen aktuell genutzt wird oder in Zukunft genutzt werden soll, sollte daher von der Möglichkeit der Klarstellung des Verzeichnisses Gebrauch gemacht werden, da anderenfalls ab dem 24.09.2016 dann nur die von der wörtlichen Bedeutung der Überschrift der betreffenden Klasse erfassten Waren und Dienstleistungen weiterhin Schutz genießen.

Gerne stehen wir für Rückfragen hierzu sowie bei Interesse an einer Markenanmeldung zur Verfügung.

Die Iron Holdings Ltd., die angeblich ausschließliche Inhaberin bestimmter Musikaufnahmen der bekannten Musikgruppe Iron Maiden ist, lässt durch die Kanzlei Sasse & Partner (Hamburg) Medienhändler wg. des Vertriebs angeblicher Bootlegs (hier: Live-Aufnahmen eines Iron Maiden-Konzertes von 1992 in Reggio Emilia, Italien) abmahnen und gerichtlich auf Unterlassen des Vertriebs, Schadensersatz und Kostenersatz in Anspruch nehmen (dazu lässt sich die Kanzlei die entsprechende Ansprüche der Iron Maiden Holdings Ltd. abtreten).
Wir konnten für unsere Mandantin, einer Medienhändlerin, sämtliche Ansprüche erfolgreich abwehren, die Abmahnung erweis sich als von Anfang an unberechtigt. Eine entsprechende Klage hat das AG Hamburg mit Urteil vom 12. September 2014, Az. 36a C 619/12 vollumfänglich abgewiesen. Die dagegen von Sassen & Partner eingelegt Berufung zum LG Hamburg, Az. 310 S 271/41 wurde nach entsprechende Hinweisen des Gerichts von der Klägerin zurückgenommen und sie wurde mit Beschluss des LG Hamburg vom 29.6.2015 des Rechtsmittels der Berufung "für verlustig erklärt". Insb. konnte die Klägerin nicht schlüssig darlegen, dass die Iron Maiden Holding Ltd. tatsächlich Inhaberin der geltend gemachten Rechte an den streitgegenständlichen Aufnahmen ist. Schon die Übertragung der Rechte an die Iron Maiden Holding Ltd., einer Limited nach englischem Recht, und die Vertretungsverhältnisse innerhalb der Klägerin blieben unklar, ebenso die Abtretung etwaiger Ansprüche an die Klägerin RAe Sasse & Partner.

Mit Urteil vom 28.12.2015 (Az. 15 R 186/15f) hat nunmehr auch das Oberlandesgericht Wien die Klage der österreichischen Verwertungsgesellschaft Austro Mechana gegen Amazon auf Auskunft und Zahlung von Geräteabgaben (in Österreich "Leerkassettenvergütung" genannt) abgewiesen und damit das Urteil des HG Wien vom 25.8.2015 (Az. 29 Cg 25/14t) bestätigt. ... mehr

Wie das HG Wien geht auch das OLG Wien davon aus, dass die gesetzlichen Regelung in § 42b öst. UrhG nicht mit den europarechtlichen Vorgaben in Art. 5 Abs. 2 lit. a) und lit. b) der sog. InfoSoc-Richtlinie vereinbar sind, und zwar insb. deshalb, weil es keinen wirksamen Rückerstattungsanspruch für evt. zu viel bezahlte Abgaben für Privatpersonen gebe. Der EuGH habe in seiner "Amazon"-Entscheidung nur eine widerlegliche Vermutung für eine Nutzung von Speichermedien durch Privatpersonen zur Anfertigung von Privatkopien aufgestellt. Daher sei ein Rückerstattungsanspruch für Private erforderlich für den Fall, dass diese die Speichermedien ausnahmsweise nicht für die private Vervielfältigung urheberrechtlich geschützten Materials nutzen (sondern bspw. nur für eigene Texte und Bilder oder zu beruflichen Zwecken).

Diese Beurteilung halten wir für übertragbar auf die deutschen Regelungen zu den Geräte- und Speichermedienabgaben in §§ 54 ff. UrhG. Auch diese Regelungen sind u.E. nicht mit den Vorgaben der InfoSoc-RiL und der Rechtsprechung des EuGH (u.a. Urteile "Padawan", "Amazon", "ACI-Adam" und zuletzt "Reprobel") vereinbar und daher unanwendbar; zu diesem Ergebnis kommt RA Dr. Verweyen in zwei ausführlichen Analysen der Urteile des HG Wien und des EuGH – Reprobel für die jur. Fachzeitschrift GRUR Int.:

Anders als in Österreich stehen entsprechende Gerichtsentscheidungen in Deutschland aber noch aus.

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