Kein Schutz "reiner Pornographie" (LG München I, Beschl. v. 29. 05. 2013, Az. 7 O 22293/12 – Filesharing Flexible Beauty und Young Passion)

Zu den Streaming-Abmahnungen gegen vermeintliche RedTube-Nutzer durch The Archive AG / Rechtsanwälte Urmann + Collegen sind mittlerweile auch erhebliche Zweifel an der ausreichenden Rechteinhaberschaft von The Archive AG bekannt geworden, vgl. Bericht bei heise. Das LG München I hat nun mit Beschl. v. 29. 5. 2013 (Az. 7 O 22293/12) in einem Auskunftsverfahren entschieden, dass die Porno-Filme "Flexibel Beauty" und "Young Passion" (wie sie auch auf den Seiten von RedTube zu finden sein sollen) keinen Schutz als Filmwerk beanspruchen können und festgestellt, dass die Erteilung der Auskunft über den Namen und die Anschrift der Inhaber des Internetanschlusses zu einer IP-Adresse rechtswidrig war. ... mehr

Die Entscheidung ist nicht nur deswegen interessant, weil darin festgestellt wird, dass für die primitive Darstellung sexueller Vorgänge ("reine Pornografie") mangels persönlich geistiger Schöpfung (§ 2 Abs. 2 UrhG) keinen Schutz als Filmwerk (§ 94 UrhG) beansprucht werden kann. Vielmehr geht das Gericht auch auf den subsidiären Schutz als sog. Laufbilder (§ 95 UrhG) unter fremdenrechtlichen Gesichtspunkten (§§ 120 ff. UrhG) ein, und verneint diesen:

"Laufbilderschutz nach §§ 94, 95, 128 Abs. 2, 126 Abs. 2 UrhG kommt dann in Betracht, wenn ein Ersterscheinen der Laufbilder in Deutschland bzw. bei einem Ersterscheinen im Ausland ein Nacherscheinen in Deutschland innerhalb von 30 Tagen dargetan ist.

Der Begriff des Erscheinens ist legaldefiniert in § 6 Abs. 2 UrhG. Hiernach ist die Herstellung von ausreichenden Vervielfältigungsstücken zeitlich vor dem Angebot an die Öffentlichkeit erforderlich.

Ob das Angebot von Video-on-Demand hierunter subsumiert werden kann, wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt. Unter anderem Katzenberger in Schricker/Loewenheim, UrhG, 4. Aufl., § 6 Rn. 56 und Schack GRUR 2007, 639, 644 verneinen das mit beachtenswerten Gründen. Unter anderem Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 6 Rn. 16 bejaht eine analoge Anwendung. Die Kammer war in der Vergangenheit der letzteren Ansicht zugeneigt.
Soweit ein Anbieten von körperlichen Vervielfältigungsstücken an die Öffentlichkeit im Raum steht, wäre vorzutragen, ob und wie viele Vervielfältigungsstücke wann hergestellt worden sind und wann das erste Angebot dieser Vervielfältigungsstücke erfolgt ist. Nach einhelliger Kommentarmeinung reicht es nicht aus, dass lediglich nach Eingang der Bestellung herzustellende Vervielfältigungsstücke angeboten worden sind. Soweit das Angebot über eine Internetseite erfolgt ist, wäre vorzutragen, inwieweit sich diese Internetseite auch an den deutschen Markt gewandt hat, zum Beispiel durch Abfassung auch in deutscher Sprachen und/oder Mitteilung einer Lieferbereitschaft nach Deutschland.

Vorliegend hat die Antragstellerin schon nicht hinreichend deutlich dargetan, ob die behauptete weltweite Veröffentlichung durch einen Online-Vertrieb von Vervielfältigungsstücken erfolgt sein soll oder durch eine Abrufbarkeit über Video-on-Demand…."

LG München I, Beschl. v. 29. 5. 2013 – 7 O 22293/12

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