Nach einem von Prof. Dr. Tobias Kretschmer im Auftrag des ZItCo e.V. angefertigten ökonomischen Gutachten sind nur geringfügige Beträge je PC als angemessener bzw. gerechter Ausgleich im Sinne der Rechtsprechung des EuGH ("Padawan") für privatkopiebedingte Lizenzeinbußen an die Urheber geschützter Werke zu bezahlen. Insb. die von den Verwertungsgesellschaften durchgeführte Berechnung basierend auf mittleren Lizenzen und der Annahme, dass jede tatsächlich angefertigte, empirische ermittelte Privatkopie 1-zu-1 zu vergüten sei, sei klar falsch und führe zu einer mehrfachen, rechtswidrigen Überkompensation der Urheber.
Prof. Kretschmer schließt damit an die sog. Padawan-Entscheidung des EuGH (EuGH, U.v. 21.10.2010, Az. C-467_08, SGAE ./. Padawan) an, in der es um die konkrete Ausgestaltung der Geräteabgabe (Abgabe z.B. auf Geräte wie PCs, MP3-Player und Speichermedien) zum Ausgleich der sog. Privatkopiefreiheit (in Deutschland: § 53 UrhG) ging. Darin befindet der EuGH:
"The concept of 'fair compensation', within the meaning of Article 5(2)(b) of Directive 2001/29/EC of the European Parliament and of the Council of 22 May 2001 on the harmonisation of certain aspects of copyright and related rights in the information society, is an autonomous concept of European Union law which must be interpreted uniformly in all the Member States that have introduced a private copying exception, irrespective of the power conferred on the Member States to determine, within the limits imposed by European Union law in particular by that directive, the form, detailed arrangements for financing and collection, and the level of that fair compensation.
Article 5(2)(b) of Directive 2001/29 must be interpreted as meaning that the 'fair balance' between the persons concerned means that fair compensation must be calculated on the basis of the criterion of the harm caused to authors of protected works by the introduction of the private copying exception. It is consistent with the requirements of that 'fair balance' to provide that persons who have digital reproduction equipment, devices and media and who on that basis, in law or in fact, make that equipment available to private users or provide them with copying services are the persons liable to finance the fair compensation, inasmuch as they are able to pass on to private users the actual burden of financing it.
Article 5(2)(b) of Directive 2001/29 must be interpreted as meaning that a link is necessary between the application of the levy intended to finance fair compensation with respect to digital reproduction equipment, devices and media and the deemed use of them for the purposes of private copying. Consequently, the indiscriminate application of the private copying levy, in particular with respect to digital reproduction equipment, devices and media not made available to private users and clearly reserved for uses other than private copying, is incompatible with Directive 2001/29.
Nach Ansicht des EuGH sind also zunächst alle europäischen nationalen Regelungen, die sich mit dem "gerechten Ausgleich" zugunsten der Urheber für deren entgangene Profite aufgrund der sog. Privatkopiefreiheit befassen, im Lichte des entsprechenden Unionsrechts (Richtlinie 2001/29/EC vom 22.5.2001) auszulegen; dies gilt auch für die §§ 54 ff. UrhG und §§ 12 ff. UrhWG (n.F.).
Aus dem zweiten Ruling folgen erhebliche Zweifel, am bisherigen Vorgehen von ZPÜ und Verwertungsgesellschaften, die von der Geräteherstellern die entsprechende Geräteabgaben rückwirkend eingefordert hatten. Der EuGH ist demgegenüber der Auffassung, dass diese Abgaben den Herstellern nur insoweit auferlegt werden dürfen, als diese die Abgaben an die (privaten) Endkunden weitergegeben können (im spanischen Text heißt es "… en la medida en que dichas personas tienen la posibilidad de repercutir la carga real de tal financiación sobre los usuarios privados").
Aus dem dritten Ruling folgt, dass die unterschiedslose Belegung von privat und geschäftlichen genutzten Geräten und Speichermedien mit einer Abgabe rechtswidrig ist. Demnach ist einen Abgabe auf Geschäfts-PC, -geräte und -medien wohl unzulässig, müsste jedenfalls aber deutlich niedriger sein, als eine entsprechende Abgabe auf Privatgerätschaften.
Der ZItCo (Zentralverband Informationstechnik und Computerindustrie e. V., www.zitco-verband.de) vertritt die gemeinsamen Interessen seiner Mitglieder. Zum Verbandszweck gehört insb. die Ermittlung, die Verhandlung und ggf. die streitige Durchsetzung angemessener, den gesetzlichen Vorgaben entsprechender und für die Verbandsmitglieder wirtschaftlich tragbarer Geräteabgaben auf Personal Computer nach §§ 54 ff. UrhG. Die ca. 80 Mitglieder des ZItCo e.V. sind überwiegend kleine und mittelständische, in Deutschland ansässige und hier produzierenden Hersteller von Personal Computern. Der ZItCo e.V. wird ständig durch RA Dr. Verweyen beraten und vertreten.
S. auch Gutachten Prof. Dr. Eike Ullmann zur Padawan-Entscheidung und zum Thema Geräteabgaben, hier im Blog.
Aktuell:
Nach Abbruch der Verhandlungen zur PC-Abgabe 2008 – 2010 durch die ZPÜ werden für diesen Zeitraum nun erste Musterprozesse erwartet. Für den Zeitraum ab 2011 führen ZPÜ, Verwertungsgesellschaften und die Herstellerverbände, u.a. der ZItCo e.V., derzeit Verhandlungen über einen Gesamtvertrag. Für die Geräteabgabe auf PC für die Zeit vor dem 1.1.2008 – nach "altem Recht" – hat soeben der BGH ein richtungsweisendes Urteil gesprochen, das erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit deiner PC-Abgabe nach "altem Recht" weckt – s. hier im Blog.